Alabama-Paradoxon (Sitzzuwachsparadoxon)

[Paradoxien]

Bei einigen Quotenverfahren (insb. beim Quotenverfahren mit Restausgleich nach größten Bruchteilen [Hare/Niemeyer-Verfahren]) können einige Paradoxien auftreten.

Bei einer Erhöhung der Gesamtsitzzahl kann das selbe Stimmenergebnis für eine Partei zu einen Sitzverlust führen (unlogische Sprünge, Alabama-Paradoxon, Mandatszuwachsparadox, fehlende Hausmonotonie).

Beispiel

(Bundestagswahl 1998, Sitze ohne Überhangmandate, Quelle: Der Bundeswahlleiter IIA-58/59- 4. Januar 1999, Mandatszuteilung bei Verhältniswahlen, Vergleich der Verfahren von Hare/Niemeyer und Sainte-Laguë)

Partei Zweitstimmen Quote bei
656 Sitzen
Sitze bei
656 Sitzen
Quote bei
657 Sitzen
Sitze bei
657 Sitzen
Zusammen 46.408.690 656,000 656 657,000 657
SPD 20.181.269 285,268 285 285,702 286
CDU 14.004.908 197,963 198 198,265 198
CSU 3.324.480 46,992 47 47,064 47
Grüne 3.301.624 46,669 47 46,740 47
FDP 3.080.955 43,550 43 43,616 44
PDS 2.515.454 35,556 36 35,610 35

Die Quotenmethode mit Restausgleich nach größten Bruchteilen (Hare/Niemeyer) kann Beteiligten weniger zuteilen, obwohl insgesamt mehr zu verteilen ist.

Würde man die gesamte Sitzzahl des Bundestages um einen Sitz vergrößern, hätte die die PDS einen Sitz weniger (FDP und SPD würden einen Sitz mehr bekommen).

Das Alabama-Paradoxon kann dann direkt auftreten, wenn die Gesamtsitzzahl keine Konstante ist. Variable Gesamtsitzzahlen entstehen durch

Da hier eine Partei deshalb weniger Sitze erhalten kann, da sie mehr Stimmen bekommen hat, kann man von schweren Systemfehlern sprechen.

Das Alabama-Paradoxon ist im Übrigen keine zwingende Folge aller Quotenverfahren, sondern eine spezielle Eigenschaft der Quotenmethode mit Restausgleich nach größten Bruchteilen (Hare/Niemeyer).

Historisches Auftreten

Nach der Hamilton-Methode (Quotenmethode mit Restausgleich nach größten Bruchteilen[Hare/Niemeyer]) wurde in den USA die Anzahl der Sitze im Repräsentantenhaus berechnet, die proportional zur Bevölkerungszahl der jeweiligen Bundesstaaten sein sollte. Bei der regelmäßigen Neuberechnung nach der Volkszählung im Jahre 1880 wurde die Sitzverteilung im Representantenhauses für insgesamt 299 bzw. 300 Sitze berechnet. Dabei erhielte Alabama bei insgesamt 299 zu verteilenden Sitzen acht Sitze, bei insgesamt 300 zu verteilenden Sitzen aber nur sieben. Daher der Name Alabama-Paradoxon. Beim gefundenen Kompromiß wurde eine Gesamtsitzzahl bestimmt, bei der Hamilton’s method (Hare/Niemeyer) dieselbe Verteilung wie Webster’s (Divisorverfahren mit Standardrundung [Sainte-Laguë]) ergab. Bei der Berechnung im Jahre 1900 wurde die Verteilung der Sitze für 350 bis 400 insgesamt zu verteilenden Sitze berechnet. Dabei springt die Zahl der Sitze für den Staat Maine zwischen drei und vier hin und her. Dies bedeutete das endgültige Aus für Hamilton’s method zugunsten der Methode von Webster (Divisorverfahren mit Standardrundung [Sainte-Laguë]).

Inzwischen konnten Verfahren entwickelt werden, die sowohl die Quotenbedingung erfüllen, als auch hausmonoton sind (d. h., das Alabama-Paradoxon tritt nicht auf):

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von Martin Fehndrich (letzte Aktualisierung: 17.06.2005)