Überhangmandate |
[Startseite] |
Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei so wenige (Zweit-)Stimmen erhalten hat, dass ihr proportional weniger Mandate zustehen, als sie aufgrund von Direktmandaten erhielt. Diese „Überhangmandate“ (für die fehlenden Stimmen) verbleiben bei der Partei.
Bei der Bundestagswahl entstehen Überhangmandate in Ländern, in denen einer Landesliste weniger Mandate nach Zweitstimmen zustehen als sie (aufgrund ihrer Erststimmen) Direktmandate erhalten hat.
Die beiden Ursachen des Entstehens von Überhangmandaten:
(1. viele gewonnene Direktmandate, 2. wenige Zweitstimmen)
Unterscheidung zwischen internen und externen Überhangmandaten
Praktizierter Umgang mit (externen) Überhängen:
Nichtzuteilen – Ausgleichsmandate – Bestehen lassen – Abziehen von anderen Parteien
Die im Bundeswahlgesetz vorgesehene ausgleichslose Zuteilung von Überhangmandaten wird insbesondere unter zwei Gesichtspunkten kritisiert:
Negatives Stimmgewicht
(Parteien erhalten umso weniger Mandate, je mehr Stimmen sie bekommen!)
Dies ist nach unserer Ansicht verfassungswidrig. Bisher wurde noch keine verfassungsrechtliche Entscheidung zu negativen Stimmen veröffentlicht. Mehrere Wahlprüfungsbeschwerden, die diesen Sachverhalt rügen, wurden in den Jahren 2008 und 2009 vom Bundesverfassungsgericht (2 BvC 11/04 zur Bundestagswahl 2002 sowie u. a. 2 BvC 1/07 und 2 BvC 7/07 zur Bundestagswahl 2005, letztere durch am 3. Juli 2008 verkündetes Urteil [BVerfGE 121, 266]) entschieden – das negative Stimmgewicht ist auch nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig).
Proporzverzerrung (Gleichheit der Wahl)
Die Überhangmandate liegen außerhalb des Proporzes, erhöhen die Zahl der Abgeordneten und verändern die proportionale Zusammensetzung des Parlamentes. Zu diesem Gesichtspunkt gibt es schon einige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG, Beschluss vom 24.11.1988 – 2 BvC 4/88 – [BVerfGE 79, 169] bzw. BVerfG, Urteil vom 10.04.1997 – 2 BvF 1/95 – [BVerfGE 95, 335], die das Auftreten von Überhangmandaten teilweise rechtfertigen bzw. deren Folgen teilweise einschränken. Die Proporzverzerrung durch Überhangmandate war auch Gegenstand erneuter Wahlprüfungsbeschwerden vor dem Bundesverfassungsgericht (2 BvC 17/99, 2 BvC 6/04), da die Gleichheit der Wahl (Artikel 38 Abs. 1 GG) beeinträchtigt werde. Das Bundesverfassungsgericht sah am 16. Februar 2009 unter Verweis auf das am 3. Juli 2008 verkündete Urteil von einer Entscheidung ab.