Kommunalwahlrecht in Rheinland-Pfalz

[Kommunalwahlrecht]

Wahlsystem

Verhältniswahl mit offenen Listen

Besonderheiten

Wahlperiode

Die Wahlperiode beträgt 5 Jahre.

Aktives und passives Wahlrecht

Aktiv wahlberechtigt ist jeder EU-Bürger, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten seinen (Haupt-)Wohnsitz im Wahlgebiet hat.

Wählbar ist jeder Wahlberechtigte, der volljährig ist.

Einteilung des Wahlgebiets

Bei der Wahl der Gemeindevertretung wird das Wahlgebiet in Wahlbereiche eingeteilt:
Bei bis zu 5.000 Einwohnern gibt es nur einen Wahlbereich.
Bei mehr als 5.000 bis 10.000 Einwohnern gibt es zwischen zwei bis vier Wahlbereiche.
Bei mehr als 10.000 bis 40.000 Einwohnern gibt es zwischen vier bis fünf Wahlbereiche.
Bei mehr als 40.000 Einwohnern gibt es zwischen fünf bis zehn Wahlbereiche.

Die Einteilung und genaue Zahl der Wahlbereiche erfolgt durch die Vertretungskörperschaft. Wahlvorschläge werden jeweils für einen Wahlbereich aufgestellt.

Stimmenzahl/Stimmabgabe

Jeder Wähler hat so viele Stimmen, wie Mitglieder des Gemeinderates zu wählen sind. Die Stimmen kann er auf Bewerber der Wahlvorschläge verteilen. Dabei kann er Bewerber unterschiedlicher Wahlvorschläge wählen (panaschieren) oder bis zu drei Stimmen demselben Bewerber geben (häufeln oder kumulieren).

Man kann aber auch einen Wahlvorschlag als Ganzen kennzeichnen. Dann zählt je eine der nicht anderweitig vergebenen Stimmen für die ersten Kandidaten dieser Liste, wobei die vorkumulierten Bewerber (die also zwei- oder dreifach aufgeführt sind) entsprechend mehrere Stimmen bekommen, soweit sie nicht schon das Maximum von drei Stimmen haben oder vom Wähler gestrichen worden sind.

Sperrklausel

Für die Sitzverteilung werden nur jene Wahlvorschläge berücksichtigt, die mindestens ein dreiunddreissigstel der insgesamt abgegebenen gültigen Stimmen erhalten haben (3,03 %). Auch wenn Wahlvorschläge eine Listenverbindung eingehen, gilt für jeden diese Sperrklausel.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 13. Februar 2008 in einem Organstreitverfahren die 5-Prozent-Hürde im Kommunalwahlgesetz von Schleswig-Holstein für verfassungswidrig erklärt hat, strich der rheinland-pfälzische Landtag mit den Stimmen von SPD und FDP am 14. Mai 2008 die Sperrklausel im Kommunalwahlgesetz des Landes Rheinland-Pfalz. Die Änderung des Gesetzes wurde am 5. Juni im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz (GVBl. S. 79) verkündet und trat am 6. Juni 2008 in Kraft.

Sitzzuteilungsverfahren

Die Mandate wurden bis zu Kommunalwahl 2009 nach dem Quotenverfahren mit Restausgleich nach größten Bruchteilen (Hare/Niemeyer) verteilt. Ab 2014 gilt das Divisorverfahren mit Standardrundung (Sainte-Laguë). Dieses Verfahren gilt auch bei der Unterverteilung auf Listenverbindungen und Wahlbereichsvorschläge einer Partei.

Sitzverteilung

Alle Stimmen der Bewerber eines Wahlvorschlags werden zusammengezählt. Dabei gelten im ersten Schritt verbundene Wahlvorschläge (Listenverbindung) als eine Liste. Die Sitzverteilung erfolgt nach dem Divisorverfahren mit Standardrundung (Sainte-Laguë).

Im zweiten Schritt erfolgt ggfs. eine Unterverteilung an die verschiedenen Wahlvorschläge einer Listenverbindung (auch nach dem Divisorverfahren mit Standardrundung).

Im dritten Schritt erfolgt eine Unterverteilung an die Wahlvorschläge einer Partei oder Wählergruppe in verschiedenen Wahlbereichen.

Die Sitze eines Wahlvorschlags gehen an deren Bewerber in der Reihenfolge ihrer Stimmen. Ist ein Bewerber auf mehreren Wahlbereichswahlvorschlägen gewählt worden, so wird ihm der Sitz in dem Wahlbereich zugeteilt, in dem er die meisten Stimmen erhalten hat.

Listenverbindung

Wahlvorschläge haben in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit von Listenverbindungen einzugehen. Interessanterweise lässt dies hier aber keinen Vorteil für die Parteien erwarten, da weder die Sperrklausel damit umgangen werden kann, noch ein „Reststimmenbonus“ zu erwarten ist.

Mehrheitsklausel

Erhält bei der Verteilung der Sitze der Wahlvorschlag einer Partei oder Wählergruppe, auf den mehr als die Hälfte der für die Bewerber aller Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen entfallen ist, nicht mehr als die Hälfte der zu vergebenden Sitze, wird ihm abweichend von der berechneten Verteilung zunächst ein weiterer Sitz zugeteilt; dies gilt nur für einen Wahlvorschlag, nicht für eine Listenverbindung verschiedener Parteien oder Wählergruppen.

Beim Divisorverfahren mit Standardrundung garantiert dies einer Mehrheitspartei nicht mehr in allen Fällen die Mehrheit.

Direktwahl des Bürgermeisters/Landrats

Bei Direktwahl des Bürgermeisters (oder Landrats) erfolgt eine Mehrheitswahl in bis zu zwei Wahlgängen. Im ersten Wahlgang gewählt ist, wer über die Hälfte aller gültigen Stimmen erhalten hat. Haben sich mehrere Bewerber zur Wahl gestellt und ist nach dem ersten Wahlgang keiner gewählt, so findet binnen 21 Tagen nach dem ersten Wahlgang eine Stichwahl der beiden Bewerber mit den meisten Stimmen statt.


von Martin Fehndrich (letzte Aktualisierung: 18.02.2014)