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21.03.2003
Wahleinspruch erfolgreich – CDU-Kandidat klagt sich ins Abgeordnetenhaus
Erwartungsgemäß hat der Berliner Verfassungsgerichtshof heute dem CDU-Kandidaten Carsten Wilke recht gegeben und seine nachträgliche Berufung ins Berliner Abgeordnetenhaus angeordnet.
Hier die Pressemitteilung des Gerichts:
"Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat auf den Einspruch des Herrn Carsten Wilke gegen die Abgeordnetenhauswahlen vom 21.Oktober 2001 mit einem am 21. März 2003 verkündeten Urteil festgestellt, daß der Einsprechende als Abgeordneter in das Abgeordnetenhaus von Berlin zu berufen ist.
Bei der am 21. Oktober 2001 durchgeführten Wahl zum Abgeordnetenhaus entfielen auf die CDU 32 Grundmandate, die gemäß § 17 Abs. 3 Landeswahlgesetz – LWahlG – in Anwendung des Verfahrens Hare- Niemeyer auf ihre einzelnen Bezirkslisten verteilt wurden. Da die Bezirksliste Treptow-Köpenick nach dieser Berechnung zwei Mandate erhielt, hätte der auf Platz 2 dieser Bezirksliste kandidierende Einsprechende ein Abgeordnetenhausmandat erhalten müssen. Der Landeswahlausschuß beließ es jedoch nicht bei dieser Berechnung. Da für einige der Parteien Überhangmandate – so für die CDU zwei Überhangmandate – angefallen waren, mußte nach § 19 LWahlG zur Gewährleistung des Parteienproporzes die Gesamtsitzzahl des Abgeordnetenhauses durch Ausgleichsmandate erhöht werden. Dabei entfiel auf die CDU ein Ausgleichsmandat. Im Hinblick auf dieses eine Ausgleichsmandat wandte der Landeswahlausschuß das in § 73 Abs. 6 Buchst. d Satz 6 Landeswahlordnung – LWahlO – beschriebene Berechnungsverfahren dergestalt an, daß eine völlige Neuverteilung der Mandate auf die Bezirkslisten der CDU erfolgte. Danach entfiel auf die Bezirksliste Treptow-Köpenick nur noch ein Mandat mit der Folge, daß der auf Platz 2 kandidierende Einsprechende nicht in das Abgeordnetenhaus berufen wurde. Statt dessen erhielt die Bezirksliste Tempelhof-Schöneberg zwei Mandate und damit im Vergleich zu der ursprünglichen Berechnung ein Mandat mehr.
Der Verfassungsgerichtshof gab dem Einspruch mit der Begründung statt, daß der Bezirksliste Treptow- Köpenick entsprechend der auf Grund der gesetzlichen Regelung des § 17 Abs. 3 LWahlG erfolgten ursprünglichen Berechnung der Sitzverteilung zwei Mandate zustünden. Das Anfallen eines Ausgleichsmandats für die CDU habe nicht zur Folge, daß diese gesetzliche Regelung über die Sitzverteilung durch die Landeswahlordnung wieder außer Kraft gesetzt werde. Es gebe nämlich keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber für den Fall von Überhang- und Ausgleichsmandaten den Verordnungsgeber zu einer Regelung des innerparteilichen zwischenbezirklichen Ausgleichs in Gestalt einer völligen Neuverteilung der Sitze auf die einzelnen Bezirkslisten einer Partei habe ermächtigen wollen, die dazu führen könne, daß eine Bezirksliste die ihr nach § 17 Abs. 3 LWahlG bereits zugeteilten Mandate wieder verliert. Die Vorschrift des § 73 Abs. 6 Buchst. d Satz 6 LWahlO sei deshalb entgegen der vom Landeswahlausschuß gewählten Vorgehensweise gesetzeskonform in der Weise auszulegen, daß die durch die Anwendung von § 17 Abs. 3 LWahlG gefundene Sitzverteilung beim Anfallen von Überhang- und Ausgleichsmandaten nicht wieder verändert wird. Die gesetzeskonforme Auslegung führe dazu, daß ausgehend von der nach § 17 Abs. 3 LWahlG ermittelten Sitzverteilung lediglich das eine auf die CDU entfallene Ausgleichsmandat einer Bezirksliste zugeordnet werden dürfe. Dieses Ausgleichsmandat entfalle auf Grund des in § 73 Abs. 6 Buchst. d Satz 6 beschriebenen Berechnungsverfahrens auf die Bezirksliste Steglitz-Zehlendorf.
Damit stehen der Bezirksliste Treptow-Köpenick zwei Mandate zu, so daß der Einsprechende als Abgeordneter in das Abgeordnetenhaus zu berufen ist. Die Bezirksliste Tempelhof-Schöneberg kann demgegenüber nur ein Mandat erhalten. Dies hat zur Folge, daß der das für diese Bezirksliste – nicht angefallene – zweite Mandat in Anspruch nehmende Rainer Ueckert als Abgeordneter abzuberufen ist."
Links
- Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin: Verkündungstermin am 21. März 2003
- Meldung vom 31.12.2002 – Verfassungsgericht verhandelt über weiteren Berliner Wahleinspruch
- Meldung vom 15.11.2001 – Rechenfehler des Statistischen Landesamtes – Wilke erhebt Einspruch gegen Sitzverlust
- Das Wahlsystem zum Berliner Abgeordnetenhaus
- Negative Ausgleichsmandate in Berlin bei der Abgeordnetenhauswahl 2001