Baden-Württemberg |
[Landtagswahlrecht] |
Personalisierte Verhältniswahl ohne Listen.
Der Landtag besteht aus mindestens 120 Sitzen. Davon werden 70 Mandate in Einerwahlkreisen nach relativer Mehrheitswahl.
Die restlichen Sitze (sog. „Zweitmandate“) werden getrennt nach Parteien an deren unterlegene Wahlkreiskandidaten (bzw. an deren Ersatzbewerber) vergeben – und zwar in der Reihenfolge ihrer relativen Stimmenanteile an den Stimmenzahlen aller Bewerber im Wahlkreis. (Bis zur Landtagswahl 2006 war die absolute Stimmenzahl im Wahlkreis ausschlaggebend.)
Die Legislaturperiode beträgt seit der Landtagswahl 1996 fünf Jahre.
Aktiv wahlberechtigt ist jeder Deutsche, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten seinen (Haupt-)Wohnsitz oder Lebensmittelpunkt in Baden-Württemberg hat. Passiv wahlberechtigt, also wählbar, ist jeder Wahlberechtigte.
Wahlvorschläge können von einer Partei oder von Wahlberechtigten eingereicht werden. Ein Wahlvorschlag kann neben dem Bewerber auch einen Ersatzbewerber enthalten. Sofern der Wahlvorschlag nicht von einer im Landtag vertretenen Partei stammt, muss er von mindestens 150 Wahlberechtigten des jeweiligen Wahlkreises unterzeichnet sein.
Bewerber und Ersatzbewerber einer Partei können höchstens in zwei Wahlkreisen vorgeschlagen werden. Parteilose Einzelbewerber dagegen dürfen nur in einem Wahlkreis antreten. Niemand darf in einem Wahlkreis in verschiedenen Wahlvorschlägen vorgeschlagen werden.
Jeder Wähler hat eine Stimme.
Das Wahlgebiet wird in 70 Wahlkreise eingeteilt. Eine gesetzliche Höchstgrenze für Größenabweichungen zwischen den Wahlkreisen existiert nicht. Der Staatsgerichtshof von Baden-Württemberg hält Abweichungen von bis zu 25 % für vereinbar mit dem Grundsatz der gleichen Wahl.
Bei der Verteilung der Zweitmandate werden nur jene Parteien berücksichtigt, deren Bewerber insgesamt mindestens fünf Prozent der gültigen Stimmen erhalten haben.
Die Sitze werden nach Divisorverfahren mit Standardrundung (Sainte-Laguë) auf die Parteien verteilt. (Bis 2006 galt das Divisorverfahren mit Abrundung (d’Hondt).)
In den Wahlkreisen sind diejenigen Kandidaten gewählt, die die relative Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erzielt haben. Für die Verteilung der Gesamtmandate nach Verhältniswahlgrundsätzen werden von der Ausgangszahl von 120 Sitzen diejenigen Wahlkreissitze abgezogen, die von Kandidaten errungen wurden,
Diese verbleibende Sitzzahl wird auf die Parteien, die die Sperrklausel überwinden konnten, nach dem Verfahren Sainte-Laguë entsprechend dem Verhältnis der von ihren Bewerbern insgesamt im Land erreichten Stimmenzahlen verteilt.
Die Gesamtsitzzahl einer jeden Partei wird in einem zweiten Schritt, wiederum nach Sainte-Laguë, auf der Grundlage der von ihren Bewerbern errungenen Stimmenzahl im jeweiligen Regierungsbezirk auf die Regierungsbezirke verteilt.
Von der so ermittelten Sitzzahl, die einer Partei in einem Regierungsbezirk zusteht, werden die dort in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Stehen einer Partei dann noch weitere Sitze zu, so werden diese in der Reihenfolge der in den Wahlkreisen des jeweiligen Regierungsbezirkes erreichten prozentualen Stimmenanteile an die Bewerber verteilt, die den Wahlkreis nicht direkt gewonnen haben (Zweitmandate). Bleiben dann immer noch Sitze für eine Partei übrig, so gehen diese an die Ersatzbewerber in der Reihenfolge der für die Partei in den Wahlkreisen des jeweiligen Regierungsbezirkes erreichten Stimmenanteile.
Bewerber, die in zwei Wahlkreisen aufgestellt sind und in jedem der beiden Wahlkreise einen Sitz erlangt haben, gelten in dem Wahlkreis als gewählt, in dem sie den Sitz mit der höchsten Stimmenzahl des Wahlkreises erlangt haben. Trifft dies in beiden Wahlkreisen zu, so gelten sie in dem Wahlkreis als gewählt, in dem sie die höhere Stimmenzahl erreicht haben; trifft dies in keinem von beiden Wahlkreisen zu, so gelten sie in dem Wahlkreis als gewählt, in dem sie den höheren prozentualen Stimmenanteil an den Stimmenzahlen aller Bewerber erreicht haben.
Gewinnt eine Partei in den Wahlkreisen eines Regierungsbezirkes mehr Mandate als ihr nach dort dem Verhältnisausgleich zustehen, verbleiben diese Sitze der Partei. Die übrigen Parteien erhalten gegebenenfalls Ausgleichsmandate.
Dazu wird die Gesamtzahl der Abgeordneten im Regierungsbezirk so lange erhöht, bis unter Einbeziehung der Überhangmandate ein Sainte-Laguë-konformes Verhältnis auf Regierungsbezirksebene erreicht ist. Die Gesamtzahl der Abgeordneten landesweit erhöht sich über 120 hinaus entsprechend.
Im Falle von Überhangmandaten wird also der an sich gewährleistete landesweite Parteienproporz aufgegeben zugunsten eines nach Regierungsbezirken getrennten Verhältnisausgleichs. Da hierbei die überhängende Partei stets das letzte zu verteilende Mandat erhält, summieren sich auf Landesebene die Rundungsfehler zugunsten dieser Partei.
Hinzu kommt noch, dass sämtliche Ausgleichsmandate an jene Regierungsbezirke fallen, die durch die Überhangmandate eh schon überproportional im Landtag vertreten werden.
Es gibt – bis auf die offenbar gewollte Bevorzugung der überhängenden Partei – keinen sachlichen Grund, die Berechnung der Ausgleichsmandate nicht auf Landesebene durchzuführen oder alternativ die Überhangmandate mit den Zweitmandaten derselben Partei in anderen Regierungsbezirken zu verrechnen. Letztgenannte Möglichkeit würde auch die Gefahr eines negativen Stimmgewichts bannen.
Die bezirksinternen Ausgleichsmandate sind dabei eine zusätzliche Quelle negativer Stimmen.