Wahlrechtliche Probleme der Bundestagswahl 2005
Bei folgenden Themen gibt es wahlrechtlich offene Punkte, die teilweise zur Zeit immer noch (also mehr als 1.000 Tage nach der letzten Bundestagswahl) in Wahlprüfungsverfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind und wahrscheinlich nicht vor der Bundestagswahl am 18. September 2005 geklärt werden.
- Überhangmandate (wegen der Proporz- und Mehrheitsverzerrung): Man kann jetzt nur spekulieren, wie knapp die Mehrheiten am Ende werden und ob diesmal (wie 1994) die Überhangmandate erneut eine wahlentscheidende Rolle spielen oder sogar die Mehrheit der Wähler in eine Minderheit an Sitzen verkehren. Immerhin hat nun auch die CDU im Rahmen laufender Wahlprüfungsbeschwerden Zweifel an deren Verfassungsmäßigkeit geäußert.
- Negatives Stimmgewicht: Wird unter dem Vorbehalt einer dramatischen Stimmungsschwankung wieder auftreten.
Die Namen der wegen fehlender Stimmen Ge- bzw. zu vieler Stimmen Nichtgewählter wird Wahlrecht.de in der Wahlnacht veröffentlichen. Anläßlich einer Nachwahl im Wahlkreis 160 (Dresden I) können die Wähler in diesem Wahlkreis genau ausrechnen, wie sich negative Stimmen auswirken können.
- Probleme mit der Listenaufstellung bei Wahlbündnissen mehrerer Parteien, bei denen Kandidaten einer nichtantretenden Partei auf Wahlvorschlägen der anderen Partei kandidieren. Hier sind Wahleinsprüche und -prüfungsbeschwerden sowohl bei Zulassung als auch Nichtzulassung einiger Landeslisten zu erwarten.
Dabei kann auch angezweifelt werden, ob eine Kandidatureinschränkung (verbotene Kandidatur von Kandidaten zweier Parteien auf einer Liste) verfassungsgemäß wäre.
- Die Zahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften zur Zulassung der Landeslisten- und Wahlkreisvorschläge bzw. die kurze Frist zur Unterschriftensammlung und Vorbereitung auf die Wahl.
- Berliner Zweitstimmen: Es ist diesmal aber eher unwahrscheinlich, dass wieder eine Partei ein oder zwei Wahlkreise gewinnt, aber sonst an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert.
- Nachwahl am Tag der Hauptwahl: Wegen der verkürzten Frist ist eine Nachwahl wegen Tod des Wahlkreiskandidaten oder etwaigen Naturkatastrophen unwahrscheinlicher und ein Festhalten am Hauptwahltag schwieriger (wir möchten dies gleich dazu nutzen, allen Kandidaten der Bundestagswahl Gesundheit zu wünschen).
- Nachwahl an einem anderen Termin als die Hauptwahl: Im Wahlkreis 160 (Dresden I) erfolgt eine Nachwahl erst am 2. Oktober. Für die Wähler in diesem Wahlkreis bietet sich damit die Möglichkeit einer taktischen Stimmabgabe. Wahlbeschwerden sind gegen Veröffentlichungen von Teilwahlergebnissen zu erwarten.
- Auch gegen den Großeinsatz von Wahlcomputern ohne von der Elektronik unabhängige Stimmenerfassungsbelege und der Nichtveröffentlichung eine BMI-Prüfberichtes wurde eine Wahlprüfung angekündigt.