Personalisierte Verhältniswahl mit zwei Stimmen
Das Zweistimmenwahlrecht (manchmal auch Zweitstimmenwahlrecht) nennt man eine personalisiertes Verhältniswahlrecht mit zwei Stimmen,
- die Erststimme für einen Wahlkreiskandidaten (für die Partei in der Regel wertlos)
- die Zweitstimme für eine Liste einer Partei
bei dem allerdings die Zahl der gewonnen Wahlkreise die Zahl der Listenmandate einer Partei reduziert, so dass in der Regel nur die Zahl der Zweitstimmen die Zahl der Sitze einer Partei bestimmt.
Eigenschaften
- Die SPD-Wähler können die personelle Zusammensetzung der CDU-Abgeordneten beeinflussen (ohne selbst diese zu stärken).
- Möglichkeit von Stimmensplittung, größere Möglichkeit von Überhangmandaten
- Keine Notwendigkeit für Parteien in Wahlkreisen zu kandidieren.
- Stärkung des Wahlkreiskandidaten
Entscheidet man etwas mit der Erststimme?
- Wenn man Erfolg hat tauscht man einen Listenabgeordneten einer Partei gegen den Wahlkreiskandidaten derselben Partei.
- Für die Partei als solche kann es egal sein (auch wenn ein Anreiz besteht den Wahlkreis erst gar nicht zu gewinnen)
- Man kann eine andere als die gewählte Liste durcheinander wirbeln.
- Denkbar wäre es z.B., daß die Fraktion ganz ohne Listenabgeordneten zusammengesetzt ist.
- Manipulativ nutzbar. Ein Querkopf (oder Vertreter eines bestimmen Parteiflügels) einer anderen Partei kann gewählt werden.
- Es kostet keine (Zweit)-Stimme.
- Die Wähler anderer Parteien haben die Möglichkeit die Listenreihenfolge der Partei zu ändern.
Was für ein Recht haben CDU-Wähler, die Zusammensetzung der SPD-Fraktion zu beeinflussen, ohne diese dabei zu stärken?
- Doppelter Erfolgswert
Mögliches Beispiel eines Einfluß der Erststimme
Ein „mögliches“ Beispiel war die Wahl eines Grünen Direktkandidaten, Hans-Christian Ströbele, im Wahlkreis 084 Berlin-Friedrichshain - Kreuzberg - Prenzlauer Berg-Ost bei der Bundestagswahl 2002. („mögliches“, weil überspitze Aussagen).
- Hans-Christian Ströbele wurde in seinem Wahlkreis mit 49.204 Erststimmen (31,6%), bei nur 36.073 grünen Zweitstimmen (23,1%) in den Bundestag gewählt.
- Da er (als Querkopf) keinen sicheren Listenplatz hatte, verdrängte er dadurch einen grünen Listenkandidaten.
- Ströbele warb mit einem durchaus parteikritischen Programm ("Ströbele Wählen heißt Fischer quälen") um die (für die Partei wertlose) Erststimme.
- D. h. mind.13.000 Nicht-GRÜNE-Wähler haben Ströbele erfolgreich in den Bundestag gewählt und hatten damit einen doppelten Erfolgswert ihrer Stimmen bei der Bundestagswahl.
- Die Grünen haben durch diese Wahl nichts gewonnen. Durch die Wahl Ströbeles und die 13.000 Erststimmen haben sie keinen Abgeordneten mehr im Bundestag, bei der knappen rot/grünen Mehrheit kann man sogar eher von einer Schwächung von Rot/Grün ausgehen (auf jeden Fall, weil die SPD so ein Überhangmandat verloren hat, aber das ist ein anderes Thema).
Es funktioniert nicht
- sichere Wahlkreise
- Absicherung der Spitzenkandidaten auf Liste
- Nur eine Handvoll Wahlkreise in denen wirklich was entscheiden wird
- Wer kennt überhaupt seine Wahlkreisabgeordneten?
- Wähler nutzen die Wahlmöglichkeit nicht. Der überwiegende Teil wählt mit der Erststimme den Kandidaten der mit der Zweitstimme gewählten Partei, ein paar wählen den Kandidaten des größeren Koalitionspartners.
- Überhangmandate
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