Bundesministerium des Innern |
[Pressemitteilungen] |
Bundesministerium des Innern hält an Wahlgeräten fest und erteilt Bauartzulassung für neue Typen |
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Das Bundesministerium des Innern hat heute einer neuen Version von Wahlgeräten eine Bauartzulassung für Bundestags- und Europawahlen erteilt. Es handelte sich um den Typ ESD1 Hardware-Version 01.03 und 01.04 sowie den Typ ESD2 Hardware-Version 01.02 und 02.00 jeweils mit Software-Version 03.11 der Firma Nedap. | 1 |
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt kam nach sorgfältiger Prüfung der neuen Geräteversionen zu dem Ergebnis, dass sie die technischen Anforderungen der Bundeswahlgeräteverordnung erfüllen. Gegenüber den bisher für Bundeswahlen zugelassenen Geräten weisen die neuen Versionen zahlreiche Verbesserungen auf: | 2 |
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Das Bundesministerium des Innern beabsichtigt, diese Vorkehrungen als Standard in der Bundeswahlgeräteverordnung vorzuschreiben. Die Verordnung wird derzeit evaluiert und nach einer für Anfang des nächsten Jahres erwarteten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Wahlgeräten novelliert werden. Hierbei werden die in acht Jahren mit dem Einsatz elektronischer Wahlgeräte in Deutschland gesammelten Erfahrungen und die neuesten Entwicklungen im Bereich der IT-Sicherheit berücksichtigt. | 4 |
Dem Bundesministerium des Innern ist bewusst, dass der Einsatz von Wahlgeräten derzeit in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, kritisch diskutiert wird. Es ist jedoch der Auffassung, dass die Wahl mit Wahlgeräten nach dem in Deutschland praktizierten Verfahren den Anforderungen an demokratische Wahlen voll entspricht. | 5 |
Einen absoluten technischen Schutz vor Wahlmanipulationen wird es nie geben. Jede Art der Wahl ist theoretisch manipulierbar, insbesondere wenn man – wie die Wahlgerätekritiker – von einem Innentäter ausgeht, der über genügend finanzielle Mittel, technisches Know-how, Mittäter und ausreichend kriminelle Energie verfügt. Technische Maßnahmen allein gewährleisten keine hinreichende Sicherheit. Die wahlrechtlichen Regelungen sehen daher ein ganzes Bündel technischer und organisatorischer Sicherungsmaßnahmen vor: | 6 |
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Ein weiteres wichtiges Mittel gegen Manipulationen ist die dezentrale Organisation der Wahl, bei der vor allem die Gemeindebehörden eine große Rolle spielen. Die Gemeinden entscheiden eigenverantwortlich über Anschaffung und Einsatz von Wahlgeräten. Sie sind für die ordnungsgemäße Lagerung der Wahlgeräte und deren Überprüfung vor dem Einsatz verantwortlich. Um Wahlgeräte manipulieren zu können, wären daher – abgesehen von den erforderlichen technischen Fertigkeiten – für jede einzelne Gemeinde, die Wahlgeräte einsetzt, Kenntnisse zu deren Lagerung und zur Überwindung von Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. Auch müsste eine Vielzahl von Wahlgeräten manipuliert werden: Bei der letzten Bundestagswahl wurden ca. 80.000 Wahlbezirke mit Wahllokalen eingerichtet, so dass jeder der 299 Wahlkreise in ca. 270 Wahlbezirke eingeteilt war. Allein um das Wahlergebnis in nur einem Wahlkreis verfälschen zu können, wäre daher die Manipulation einer großen Zahl von Wahlgeräten erforderlich. | 8 |
Zu der dezentralen Organisation zählt auch die Ergebnisgewinnung im jeweiligen Wahllokal. Jedes Wahlgerät wird unmittelbar im Wahllokal ausgelesen und auf Grundlage dieses Ergebnisausdrucks die Wahlniederschrift erstellt. Dadurch entfällt die Möglichkeit von Manipulationen an der Urne oder an dem Wahlgerät während des Transports. | 9 |
Seit dem Inkrafttreten des Bundeswahlgesetzes haben sich die Sicherungsmaßnahmen bewährt. Dem Bundesministerium des Innern sind keine nachgewiesenen oder auch nur ernsthaft behaupteten Manipulationen oder Manipulationsversuche bei Wahlen mit Wahlgeräten in Deutschland bekannt. Aus der in den Niederlanden 2006 gelungenen Manipulation in experimenteller Umgebung kann nicht auf tatsächliche Manipulationen von realen Wahlen oder auch nur auf reale Manipulationsmöglichkeiten geschlossen werden. Die Integrität von Gemeindebediensteten und Wahlhelfern ist in der fast sechzigjährigen Geschichte von Wahlen auf allen Ebenen in der Bundesrepublik bestätigt worden. Aufwändige Sicherheitsmaßnahmen würden die Wahl nicht nur verteuern, sondern sie auch für die Wähler und die Wahlhelfer deutlich verkomplizieren. Dies lässt sich durch abstrakte Risiken, die zudem nicht neu sind, nicht rechtfertigen. | 10 |
Das im September 2007 vorgelegte Gutachten des niederländischen Beratungsausschusses „Gestaltung des Wahlverfahrens“, aufgrund dessen das niederländische Innenministerium entschied, die Nedap-Wahlgeräte bis auf weiteres nicht mehr einzusetzen, ist auf Deutschland nicht ohne weiteres übertragbar. Die Kommission lehnt die Verwendung von Wahlgeräten nicht aufgrund technischer Unsicherheit ab, sondern hat das Wahlverfahren in den Niederlanden und die ihm zugrunde liegenden Wahlrechtsgrundsätze als Maßstab genommen. So hält die Kommission zwar auf der einen Seite die Wahl mit Stimmzetteln im Wahllokal für am besten mit den Wahlrechtsgrundsätzen vereinbar, empfiehlt aber andererseits in Fällen von Krankheit oder Auslandsaufenthalt die Stimmabgabe per Stellvertreter, Internet oder Telefon, was nach deutschem Rechtsverständnis auch in Ausnahmefällen wegen der Manipulationsanfälligkeit und Verletzung des Wahlgeheimnisses ausgeschlossen wäre. | 11 |
Das Bundesministerium des Innern sieht im Einsatz von Wahlgeräten nach wie vor eine sichere Alternative zur Wahl mit Stimmzettel und Urne. Ohne ein gewisses Maß an Vertrauen in die Verantwortlichen lassen sich Wahlen nicht organisieren. Dieses Vertrauen haben die mit Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland betrauten Personen und Institutionen bisher uneingeschränkt bestätigt. | 12 |