Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin

[Pressemitteilungen]

Pressemitteilung

 

06.12.2002


Text der Entscheidung, Informationen zur Entscheidung, Entscheidungen 2000 - heute

Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin in Steglitz-Zehlendorf zurückgewiesen

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten Dr. Storost durch ein am 6. Dezember 2002 verkündetes Urteil den Einspruch zweier Zehlendorfer CDU-Mitglieder gegen die Gültigkeit der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus vom 21. Oktober 2001 im Bezirk Steglitz-Zehlendorf als unbegründet zurückgewiesen. 1
Die Einsprechenden waren im Juli 2001 von einem Kreisparteitag als Bewerber auf Wahlvorschlägen (Bezirksliste sowie Wahlkreise 1 bzw. 7) nominiert worden, die der Kreisverband Steglitz-Zehlendorf der CDU mit Datum vom 20. August 2001 unter Benennung einer Vertrauensperson beim Bezirkswahlleiter eingereicht hatte. Nachdem Parteigerichte der CDU eine dieser Nominierung zugrunde liegende Delegiertenwahl im Ortsverband Dahlem wegen Nichteinhaltung der in der Parteisatzung bestimmten Ladungsfrist für unwirksam erklärt hatten, fand im September 2001 ein weiterer Kreisparteitag statt, auf dem neue Wahlvorschläge beschlossen wurden. Diese wurden im selben Monat ohne neue Benennung einer Vertrauensperson und ohne Erklärung der bisher benannten Vertrauensperson über die Änderung oder die Rücknahme der bisherigen Wahlvorschläge ebenfalls beim Bezirkswahlleiter eingereicht. Die Einsprechenden wurden dabei nicht mehr als Bewerber benannt. Der Bezirkswahlausschuß ließ nur die zuletzt eingereichten Wahlvorschläge und die darin benannten Bewerber zu den Wahlen zum Abgeordnetenhaus zu. Die hiergegen eingereichte Beschwerde der Einsprechenden blieb vor dem Landeswahlausschuß erfolglos. Daraufhin haben die Einsprechenden nach der Wahl beim Verfassungsgerichtshof beantragt, die Wahlen zum Abgeordnetenhaus im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, hilfsweise im ganzen Land Berlin für ungültig zu erklären und für die Wiederholungswahl die Zulassung der Wahlvorschläge der CDU vom August 2001 anstelle der erst danach eingereichten Wahlvorschläge anzuordnen. 2
Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, daß die Einsprüche zwar zulässig seien, in der Sache jedoch keinen Erfolg haben könnten. Nach dem Gesetz über den Verfassungsgerichtshof konnten die Einsprüche nur darauf gestützt werden, daß die zuerst eingereichten Wahlvorschläge und die darin benannten Bewerber zu Unrecht nicht zugelassen worden seien. Diese Wahlvorschläge seien jedoch zu Recht nicht zugelassen worden. Sie seien zwar mangels Einhaltung der dafür geltenden Formerfordernisse der Landeswahlordnung nicht wirksam zurückgenommen oder geändert worden. Der vom Landeswahlleiter vertretenen Auffassung, eine Partei könne durch einfaches Schreiben mit einer Unterschrift einen bisherigen Wahlvorschlag durch einen neuen “ersetzen”, ist der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf die wahlrechtlichen Formvorschriften ebenfalls nicht gefolgt. Die zuerst eingereichten Wahlvorschläge hätten auch die Anforderungen des Landeswahlgesetzes an die Aufstellung von Wahlvorschlägen erfüllt. Ihrer Zulassung habe jedoch das dem Landeswahlgesetz zu entnehmende Verbot des Doppelauftretens von Parteien entgegengestanden. Denn auch die zuletzt eingereichen Wahlvorschläge der CDU seien – gemessen an den Normen des Landeswahlgesetzes – für sich genommen zulassungsfähig gewesen, so daß dem Bezirkswahlausschuß zwei gültige Bezirkslisten derselben Partei sowie jeweils zwei wirksame CDU-Vorschläge für die Wahlkreise 1 und 7 vorgelegen hätten. Darauf, ob bei ihrem Zustandekommen gegen die Parteisatzung verstoßen worden sei, komme es für die Zulassungsentscheidung nicht an. 3
Bei dieser Sachlage hätte der Bezirkswahlausschuß keinen der beiden CDU-Wahlvorschläge zulassen dürfen. Hieraus könnten die Einsprechenden als selbst nicht zuzulassende Bewerber zu ihren Gunsten jedoch nichts herleiten. Denn das Gesetz über den Verfassungsgerichtshof schließe es ausdrücklich aus, daß einem Einspruch allein deshalb stattgegeben werde, weil ein Wahlvorschlag zu Unrecht zugelassen worden sei. 4
Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 6. Dezember 2002
 –  VerfGH 192/01 –

 


eingetragen von Matthias Cantow