Sitzmaximierung durch Stimmenverzicht

[Verfahren]

Sitzmaximierung durch Stimmenverzicht

Beschreibungen

Das Verfahren beschreibt einen Algorithmus zur Vermeidung von negativen Stimmgewichten in Wahlsystemen. Es stellt damit eine kleine Modifikation des Wahlsystems dar, das dann ohne negative Stimmgewichten ist.

Das Verfahrensprinzip: Nach dem ursprünglichen Wahlsystem kann eine Partei wegen mehr Stimmen weniger Sitze erhalten. Um dies zu vermeiden, nimmt man für die Berechnung der Sitze dieser Partei an, sie hätte diese negativen Stimmen nicht erhalten.

Durch diese Konstruktion wird die Verteilungsfunktion monoton steigend.

Mathematische Beschreibung

Wenn f(x) die ursprüngliche Verteilungsfunktion der Sitze einer Partei in Abhängigkeit der Stimmenzahl x beschreibt, dann ergibt sich als neue korrigierte Verteilungsfunktion

g(x) = Maximum(f(y)|für alle y≤x).

x muß dabei nicht unbedingt eine ganze Zahl sein, sondern kann auch eine strukturierte Stimme (Erststimme, Zweitstimme, Drittstimme, Stimme Wahlkreis 1, Stimme Wahlkreis 2, Stimme Bundesland 3, etc.) beschreiben. Kleinergleich (oder "schlechter", yx) bedeutet in diesem Fall, daß jedes Element von y kleiner oder gleich dem korrespondierenden Element von x ist (y ist ein schlechteres Wahlergebnis als x).

Anwendung auf Bundestagswahlsystem

Eine Anwendung auf die internen Überhangmandate z.B. im Bundestagswahlsystem ist nicht sinnvoll, da dadurch zusätzliche Überhangmandate erzeugt werden. So hätte die Anwendung des Stimmenverzichtprinzips zu mehr als 20 zusätzlichen Überhangmandaten bei der Bundestagswahl 2005 geführt.

Beispiel: Erschöpfung der Verbundenen Teilliste

Negative Stimmgewichte können auch bei verbundenen Listen auftreten, wenn eine der Listen erschöpft ist und Stimmengewinne der erschöpften Teilliste keine zusätzlichen Sitze bringen kann, aber den verbundenen Listen Sitze kosten kann. Eine Liste erhielte damit quasi das Recht, auf den schädlichen Teil der Stimmen zu verzichten. (Der Verzicht muß natürlich nicht explizit erklärt werden.)

Ein Beispiel einer erschöpften Teilliste bei verbundenen Listen gab es bei der Kommunalwahl in Obernkirchen im September 2001, als eine Wahlvorschlagsverbindung aus CDU, Wählergemeinschaft und dem Einzelwahlvorschlag wegen zuvieler Stimmen für den Einzelwahlvorschlag einen Sitz verlor.

Beispiel: Referendum mit Beteiligungsquorum

Bei Referenden mit Beteiligungsquoren treten negative Stimmgewichte auf, weil Nein-Stimmen eine Abstimmung über das Beteiligungsquorum heben können, so daß die Abstimmung dadurch erfolgreich wird.

Wenn man solche negativ wirkende Nein-Stimmen (also zustimmend wirkende Nein-Stimmen) konsequent streicht, wird aus dem Referendum mit Beteiligungsquorum ein Referendum mit einem Zustimmungsquorum derselben Größe.

Eigenschaften des Verfahrens

Analog funktioniert das Verfahrensprinzip Minimierung. Hier werden nicht abgegebene Stimmen mit negativem Gewicht konsequent zugeteilt.


von Martin Fehndrich (06.02.2009, letzte Aktualisierung: 02.11.2009)