STV

[Wahlrechtslexikon]

Single Transferable Vote (STV, Übertragbare Einzelstimmgebung)

STV beschreibt ein Personenstimmgebungsverfahren, bei dem jeder Wähler nicht nur eine Stimme für den Kandidaten seiner Wahl hat, sondern alle Kandidaten nach seiner persönlichen Präferenzliste ordnen kann.

Der Wähler hat eine Stimme für einen Kandidaten, die auf andere Kandidaten übertragen werden kann, wenn der gewählte Kandidat die Stimme für seine Wahl nicht braucht (da er mehr als genug Stimmen hat) oder nicht brauchen kann (da er insgesamt zuwenig Stimmen erhalten hat).

Single Transferable Vote ist eine Familie von Stimmgebungsverfahren, für die gilt:

Vorteile/Eigenschaften

Nachteile

Unterschiede der verschiedenen STV-Verfahren

Die verschiedenen STV-Methoden unterscheiden sich darin

  1. wie groß der Stimmenüberschuß (bzw. die notwendige Anzahl von Stimmen) ist – vgl. Hare-Quota, Droop-Quota – (Quoten).
  2. wie genau, welcher Teil des Stimmenüberschusses übertragen wird (Übertragungsverfahren).
  3. welcher Kandidat wann, während des Auszählprozesses gestrichen wird (Streichungsregeln).

Quote

Die Quote ist der für einen Sitz notwendige Stimmenanteil.

Insbesondere gibt es die

Hare-Quota: abgerundet [ Gesamtstimmenzahl / Gesamtsitzzahl] +1

Droop-Quota: abgerundet [Gesamtstimmenzahl / (Gesamtsitzzahl+1)] +1

Übertragungsverfahren

Beim Irischen System (manuelle Auszählung) werden die Stimmzettel eines Gewählten nach Zweitpräferenzen geordnet und entsprechend dem proportionalen Anteil Stimmzettel mit den überschüssigen Stimmen übertragen. (Die Übertragung erfolgt in Bezug auf die Drittpräferenzen zufällig!)

Die Stimmen gestrichener Kandidaten gehen an die nächste noch nicht gewählte und nicht gestrichene Folgepräferenz.

Bei der Newland-Britton-(Britain-?)Methode werden von allen Stimmzettel Bruchteile übertragen, so daß das Wahlergebnis nicht mehr von der Auzählreihenfolge abhängen kann.

Hieraus ergibt sich als eine Strategie die Erstpräferenz einem chancenlosen Kandidaten zu geben, von dem zu erwarten ist, daß er nicht gewählt wird. Dadurch kann sichergestellt werden, daß man seine Stimme nicht für einen Kandidaten verbraucht, der ihr für seine Wahl nicht bedarf.

Um diese Strategie/Taktik auszuhebeln, werden in ausgefeilteren Übertragungsverfahren (bsp. Meek, Warren) Stimmen gestrichener Kandidaten auch an schon gewählte Kandidaten übertragen – mit entsprechender Neuberechnung der bisdahin durchgeführten Stimmenübertragungen.

Dies ist fairer, da der Einfluß durch übertragene Stimmen über alle zum Überschuß Beitragende verteilt wird.

Meek: Für jeden gewählten Kandidaten wird ein Behaltanteil fi berechnet. Das heißt, von einer Stimme (oder Stimmenbruchteil) an den Kandidaten i wird ein Anteil fi für dessen Wahl verbraucht. Der restliche Anteil 1-fi wird übertragen.

Warren: Für jeden gewählten Kandidaten wird ein "Preis" pi berechnet – jeder dessen Stimmen an diesen Kandidaten übertragen werden, stimmt mit diesem Stimmenanteil bevor der Reststimmenanteil übertragen wird.

Streichungsregeln

Verbreitet ist die Cincinatti-Regel. Der Kandidat mit den wenigstens Stimmen wird gestrichen und seine Stimmen werden übertragen.

Allerdings werden auch andere Streichungsmethoden (CPO-STV, Tidemann 1995 paired comparison of outcome) diskutiert um zu vermeiden, daß ein Kandidat, auf den zu einem späteren Zeitpunkt eine Mehrheit an Stimmen übertragen wird, zu früh gestrichen wird.

Auszählverfahren (allgemeines Schema)

Darstellung des Wahlergebnisses

Eine einfache Darstellung im Sinne von Stimmen pro Kandidat oder pro Partei ist bei STV nicht möglich. Die Darstellung des Wahlergebnisses vollzieht vielmehr den Auszählprozeß nach, mit Angabe von:

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von Wilko Zicht und Martin Fehndrich (18.10.2002)