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Nach dem EU-Referendum in Frankreich

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Mitdenker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 16:46 Uhr:   

Auszählungsstand nach 34 von 43 Wahlkreisen
Hier wohnen 2 467 987 der 3 051 278 Wahlberechtigten.
Dies entspricht einem Anteil von 80,9 % aller Wahlberechtigten.
Das Stimmungsbild von 583 291 Wahlberechtigten ist noch ist veröffentlicht worden.
Manche deutsche Medien verwechseln die "Auszählungsquote" mit der Wahlbeteiligung. Diese Angabe ist man in Deutschland nicht gewohnt.

J 602 182
N 698 813

V 96 631
A 80,9 %
Q 42,8 %
B 52,9 %


Legende
J = Ja
N = Nein
V = Vorsprung
A = Auzählungsstand nach Wahlberechtigten
Q = "Auszählungsquote"
=> Q =
alle bisher ausgzählten Stimmen * 100
---------------------------------------------------------
Anzahl aller Wahlberechtigten

B = Abstimmungsbeteiligung
=> B =
alle bisher ausgezählten Stimmen * 100
------------------------------------------------------------------------------
Wahlberechtigte aller bisher ausgezählten Wahlkreise





(Beitrag nachträglich am 13., Juni. 2008 von Mitdenker editiert)

(Beitrag nachträglich am 13., Juni. 2008 von Mitdenker editiert)
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Mitdenker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 17:56 Uhr:   

Der Sieg des Neinlagers ist, spätestens nach 42 von 43 Wahlkreisen, in trockenen Tüchern.

Quelle
http://www.referendum.ie/current/resultsummary.asp?ballotid=78
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 18:21 Uhr:   

Was ich an der Sache nicht verstehe: kann denn der Vertrag jetzt überhaupt in Kraft treten? Da wird gefordert, das Ratifizierungsverfahren fortzusetzen. Schön und gut, aber Irland hat nun einmal nein gesagt. Und solange die Iren dies in einer folgenden Abstimmung nicht revidieren, kann doch der Vertrag nicht in Kraft treten oder ist diese Ansicht falsch?
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 18:29 Uhr:   

Laut FAZ gibt es nun drei Optionen:

"Drei Optionen

Die EU hat nun drei Möglichkeiten. Die erste wäre, den Lissabon-Vertrag als gescheitert zu den Akten zu legen und mit dem bisher gültigen Vertragswerk, dem Nizza-Vertrag, weiterzumachen. In Brüssel sagen viele, dass die Tagesarbeit auf der Grundlage dieses vielgeschmähten Abkommens zwar mühsam sei, die europäischen Institutionen aber im Großen und Ganzen gut funktionierten.

Problematischer an dieser Lösung wäre sicher das politische Signal an die fast 500 Millionen EU-Bürger: „Der Lissabon-Vertrag soll doch die Handlungsfähigkeit in genau den Bereichen stärken, in denen die Bevölkerung laut Umfragen mehr von der EU erwartet“, sagt ein Diplomat. Dazu gehören Sicherheit, Justiz und Inneres; außerdem wird das Europäische Parlament auf fast allen Feldern gleichberechtigter Partner der Mitgliedstaaten in der Gesetzgebung, was die ebenfalls vom Bürger oft beklagte Undurchsichtigkeit des Brüsseler Apparats lindern soll.

Ein neuer Vertrag...?

Die zweite Option wäre, einen völlig neuen Vertrag auszuhandeln. Diese Vorstellung lässt allerdings den meisten Verantwortlichen in der EU die Haare zu Berge stehen. Denn der Lissabon-Vertrag war der Abschluss einer sieben Jahre langen Reformdebatte in der EU, die viel politische Energie absorbierte.

Sein Vorläufer war der gescheiterte Verfassungsvertrag, weshalb fast alles, was im Lissabon-Vertrag steht, schon Kompromisse über Kompromisse sind. „Ich wüsste gar nicht, was wir da neu verhandeln sollen“, sagt etwa der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen, Vorsitzender des Verfassungsausschusses des Parlaments.

Ein zweiter Anlauf?

Die dritte Möglichkeit wäre, die Ratifikation in Irland in einem zweiten Anlauf doch noch zu schaffen. Man hat das schon einmal so gemacht. Das irische Referendum über den Nizza-Vertrag wurde einfach ein Jahr später wiederholt.

In Brüssel sind sich allerdings viele nicht ganz sicher, was man den irischen Wählern anbieten könnte, um ihren Bedenken Rechnung zu tragen. Vieles von dem, was in Irland gegen den Vertrag angeführt wurde, etwa dass er die niedrigen irischen Unternehmenssteuern gefährde, trifft nicht zu.

Mit dem Lissabon-Abkommen findet nur auf den Gebieten Energie, Weltraumpolitik, Sport, Tourismus und Katastrophenschutz ein Souveränitätstransfer statt. Auch ist den Iren bereits früher zugestanden worden, Teilen der EU-Zusammenarbeit fernzubleiben, vor allem im Bereich Inneres und Justiz.

Forderungen aus Dublin

Auf den Brüsseler Fluren schlugen manche Iren am Freitag vor, ihrem Land doch das Recht auf einen permanenten EU-Kommissar zu gewähren. Das dürfte aber wohl in keinem anderen Mitgliedstaat auf Begeisterung stoßen, denn die im Lissabon-Vertrag vorgesehene Verkleinerung der Kommission trifft alle EU-Länder. Am einfachsten wäre es wohl noch, wenn die EU ein paar politische Erklärungen abgäbe, die auf die Sorgen der Iren eingehen.

Für welchen Weg sich die Union letztlich entscheidet, dürfte wesentlich von der irischen Regierung abhängen. Diplomaten sagten voraus, dass die anderen Mitgliedstaaten nun erst einmal bewerten würden, was aus Dublin zu hören sei.

Die Franzosen, die im Juli die Ratspräsidentschaft übernehmen, ließen am Freitag immerhin schon einmal ihre Präferenz erkennen. Der französische Europa-Staatssekretär Jean-Pierre Jouyet sprach sich dafür aus, den Ratifikationsprozess in den anderen Ländern fortzuführen.

Das würde auf die dritte Möglichkeit hinauslaufen, also die Wiederholung der irischen Ratifikation. Denn wenn alle anderen 26 Mitgliedstaaten den Vertrag ratifiziert haben, fiele es der irischen Regierung vermutlich leichter, ihren Wählern das Dokument mit ein paar Zusätzen noch einmal vorzulegen. Die Bundesregierung, die mit Frankreich eine gemeinsame Antwort verabredet hat, scheint auch für eine Fortsetzung der Ratifikation zu sein.

Allerdings ist nicht auszuschließen, dass andere Mitgliedstaaten die Gunst der Stunde nutzen, um sich im Schatten des irischen Neins der unpopulären Ratifikation im eigenen Land zu entledigen. In Brüssel gelten vor allem Großbritannien und die Tschechische Republik als Wackelkandidaten. Wenn mehr als ein Staat Nein zum Lissabon-Vertrag sagt, dann dürfte das Abkommen nur noch sehr schwer zu retten sein.



Text: F.A.Z.
Bildmaterial: dpa, FAZ.NET"

Quelle: www.faz.net
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mma
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 18:32 Uhr:   

- Er könnte theoeretisch auf irgendeine noch zu klärende Weise nur außerhalb Irlands in Kraft treten.

- Oder das Ratif.-Verfahren wird gerade deswegen fortgesetzt, damit die Iren eine neue Abstimmung machen, bei der eine Mehrheit rauskommt.
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Frederic
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 18:33 Uhr:   

@Bernhard Nowak:

Er kann es sicherlich nicht. Im Prinzip erinnern mich die jetzigen starken Sprüche an das, was nach dem Scheitern der EU-Verfassung in Frankreich zu hören war:
"Wir machen weiter."
"Das hält nicht auf."
etc.pp.

Das Ergebnis ist ja bekannt.
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Philipp Waelchli
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 18:37 Uhr:   

Jein.

Denn

1.) Jeder Staat entscheidet autonom darüber, ob er einen völkerrechtlichen Vertrag ratifizieren will oder nicht.
2.) Wenn ein Vertrag bestimmte Bedingungen für sein Inkrafttreten enthält, dann kann er je nach dem auch dann in Kraft treten, wenn er nicht von allen beteiligten Staaten ratifziert wurde (so z. B. der Versailler Vertrag, der von den USA nicht ratifiziert wurde und nur im Verhältnis zwischen Deutschland, GB, F etc. Geltung besass). Sogar wenn die Zustimmung aller Unterzeichnerstaaten gefordert wird, ist es grundsätzlich möglich, dass die ratifizierenden Staaten nachträglich eine neue Modalität der Inkraftsetzung aushandeln und den Vertrag so modifiziert in Kraft setzen (so z. B. der EWR-Vertrag, der nach dem Ausscheiden der Schweiz unter den verbliebenen Mitgliedstaaten mittels neuer Ratifikationsklausel in Kraft gesetzt wurde).
3.) Grundsätzlich wäre es auch möglich, zwei unterschiedliche Fassungen eines Vertrages in Kraft zu lassen bzw. zu setzen; in der EU der "zwei Geschwindigkeiten" ist dies heute sogar teilweise der Fall. Allerdings erscheint dies im Hinblick auf die institutionellen Regelungen usw. in diesem Fall kaum praktikabel.
4.) Schliesslich ist es möglich, dass die EU-Staaten zusammensitzen und versuchen eine Lösung zu finden, die z. B. mittels Zusatzprotokollen u. dgl. den Iren entgegen kommt (wie man es schon einmal gegenüber Irland und gegenüber Dänemark gemacht hat), ohne den Vertrag selbst zu ändern, und danach eine neue Abstimmung wagt.
5.) Ausserdem gibt es noch eine interne Lösung: Es war nämlich nicht ganz klar, ob diese Abstimmung nötig war. Unter gewissen Voraussetzungen könnte nach irischem Verfassungsrecht eine Ratifikation auch nur durch das Parlament erfolgen, vgl. den ähnlich gelagerten Fall Frankreich.

Fazit: In der vorliegenden Form und im geplanten Zeitrahmen ist der Vertrag wahrscheinlich gestorben, er kann aber u. U. gerettet werden.

Materiell möchte ich mir folgende Bemerkung erlauben: Die Gegner des EU-Reformvertrages wie schon des EU-Verfassungsvertrages scheinen sich immer weiter in eine Bunkerstellung einzugraben: Zwar fordern sie wichtige Veränderungen, damit die EU akzeptabel wird, verhindern aber jeden Schritt in die richtige Richtung.
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SaaleMAX
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 18:57 Uhr:   

Hätte man in allen EU-Staaten darüber abstimmen dürfen, wäre das Ergebnis noch viel Eindeutiger.

Ich unterstelle , auch in Deutschland wäre dieses Machwerk, welches unter dem Namen EU-Verfassung perfekt getarnt wurde, gnadenlos durchgefallen.

Für viele Bürger erscheint " DIE EU" nur noch als Krake, auf den man selbst keinen Einfluß mehr hat und der sich in jedes Detail des Lebens einmischen will...und sämtliche Staatshoheiten gleichmachen möchte.

Europa JA....aber nicht um jeden Preis und unter Druck von ganz oben schon gar nicht.

Die "Göttin Europa" würde sich im Grabe umdrehen!

Es muß zusammen wachsen was zusammen gehört...das ist FAKT..

aber ein Zusammennageln, ohne Beteiligung der Bürger, erzeugt NUR das GEGENTEIL!
Nämlich diffuse Abneigung und Angst vor der Übermacht EU.

Deswegen zollt den Iren mein voller Respekt.
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Frank Schmidt
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 19:16 Uhr:   

Die nächste große Reform sollte vom Europäischen Parlament ausgearbeitet werden und in den Einzelpunkten (z.B. Grundrechte, Sitzverteilung in Parlament und Rat, Aufteilung der Kompetenzen zwischen Europa und den Staaten) direkt dem Volk zur Diskussion vorgelegt werden. Mit der Anmerkung, dass eine Reform nötig ist, die die Kompetenzen an die nationalen Parlamente oder das Europaparlament verteilt und nicht an die nationalen Regierungen, die in Hinterzimmern undurchsichtige Komplexe zimmern.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 19:37 Uhr:   

Die Iren haben auch schon den Nizza-Vertrag abgelehnt. 2001 stimmten 53,9% mit Nein (bei allerdings wesentlich geringerer Wahlbeteiligung als jetzt), 2002 stimmten dann 59% mit Ja, bei unverändertem Vertrag.

Diesmal stimmten 53,4% mit Nein, also prozentual etwas weniger als 2001. Daher ist es nicht ausgeschlossen, daß sich das Spiel wiederholt.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 19:42 Uhr:   

"Die nächste große Reform sollte vom Europäischen Parlament ausgearbeitet werden und in den Einzelpunkten (z.B. Grundrechte, Sitzverteilung in Parlament und Rat, Aufteilung der Kompetenzen zwischen Europa und den Staaten) direkt dem Volk zur Diskussion vorgelegt werden."
Das halte ich für realitätsfern. Erstens weiß sowieso kaum einer, worüber er überhaupt abstimmt, daran ändert alle Aufkärung nichts. Es ist doch eher diffuser Protest als ein konkreter Punkt des Vertrages, der zur Ablehnung führte. Zweitens ist ein Vertrag immer ein Gesamtpaket an Kompromissen der Mitgliedsstaaten, da kann man nicht einfach Teile rausbrechen oder hinzufügen, ohne daß es für bestimmte Staaten inakzeptabel wird.
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Frank Schmidt
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 13. Juni 2008 - 22:37 Uhr:   

Ich meinte nicht die Neuaushandlung des Lissabon-Vertrags. Wenn der noch mit kleinen Änderungen zugunsten von Irland (und evtl Polen und andere Wackelkandidaten) zu retten ist, dann wird sowieso erstmal das versucht.

Ich meinte, dass die EU neu konzipiert werden sollte, kein kompliziertes Vertragswerk zwischen Regierungen, sondern ein überschaubarer Kernvertrag (bzw Verfassung), der die Kompetenzen der europäischen Ebene und der nationalen festlegt.
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Mitdenker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 14. Juni 2008 - 01:08 Uhr:   

Endergebnis

Ja: 752 451 Stimmen bzw. 46,6 %
Nein: 862 415 Stimmen bzw. 53,4 %
Vorprung: 109 964 Stimmen bzw. 6,8 %

Abstimmungsberechtigte: 3 051 278
Abstimmende: 1 621 037
Abstimmungsbeteiligung: 53,13 %
Ungültige Stimmen: 6 171
Gültige Stimmen: 1 614 866

http://www.referendum.ie/current/resultsummary.asp?ballotid=78

(Beitrag nachträglich am 14., Juni. 2008 von Mitdenker editiert)

(Beitrag nachträglich am 14., Juni. 2008 von Mitdenker editiert)
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Mitdenker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 14. Juni 2008 - 01:20 Uhr:   

Die mediale Berichterstattung in den Leitmedien war reichlich unausgewogen.
Es gab nur die eine Frage: Was ist wenn die Iren nein sagen.
Über den Vertragstext wurde kaum etwas gesagt.

Philipp Wälchli,
wie war, in der Schweiz, die mediale Begleitung,
rund um das Referendum, über die Verfassungsänderung von 1999?
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Philipp Waelchli
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 14. Juni 2008 - 12:14 Uhr:   

"Ich meinte, dass die EU neu konzipiert werden sollte, kein kompliziertes Vertragswerk zwischen Regierungen, sondern ein überschaubarer Kernvertrag (bzw Verfassung), der die Kompetenzen der europäischen Ebene und der nationalen festlegt."

Ja, das sollte ja eben versucht werden. Zumindest eines der Ziele, das jetzt, aber auch mit dem EU-Verfassungs-VERTRAG (ja, auch das war ein Vertrag und keine Verfassung im eigentlichen Sinn!) verfolgt wurde, war ja eben gerade, das Gebilde aus sich überlagernden Verträgen durch einen einheitlichen Grundlagenvertrag bzw. deren zwei zu ersetzen.

"Philipp Wälchli,
wie war, in der Schweiz, die mediale Begleitung,
rund um das Referendum, über die Verfassungsänderung von 1999?"

Gemeint ist vermutlich die Totalrevision der Bundesverfassung vom 18. 4. 1999.
Die Frage ist aber so nicht zu beantworten, denn natürlich gab es die üblichen Berichte, Auftritte und Streitgespräche in den Medien. Aber das ist stets nur ein kleiner Teil dessen, was entscheidend ist. Wesentlich und wichtig, manchmal viel entscheidender sind z. B. Leserbriefe, Veranstaltungen "auf dem flachen Land", Stammtischgespräche, Diskussionen vor und nach lokalen Gemeindeversammlungen usw. usf. Über die Wirksamkeit von Plakatwerbung u. dgl. lässt sich streiten, die Abstimmungen vom 1. 6. 2008 z. B. sind trotz massiver Werbekampagnen bachab gegangen.
Mein Eindrcuk 1998/99 war, dass die Verfassungsrevision im grossen und ganzen wenig Wellen geworfen hat. Eine grosse Mehrheit hat sie wohl vor allem als das gesehen, was sie auch ist - nämlich alter Wein in neuen Schläuchen mit etwas Beiwürze aus dem 21. Jahrhundert. Es handelt sich im wesentlichen um eine konsolidierte und aktualisierte Fassung des Inhalts von 1874, also um eine "technische" Sache. Das wurde wohl auch allgemein so gesehen, mit Ausnahme einer kleinen Minderheit, die entweder eine weitergehende Grundsatzdebatte wünschte oder die Revision lauthals ablehnte.
Allerdings muss man wissen, dass die neue Verfassung sehr viel besser vermittelt wurde. Denn erstens handelte es sich um einen Revisionsprozess, der 1987 eröffnet wurde und in verschiedenen Verfahrensschritten der Öffentlichkeit kommuniziert wurde. So gab es z. B. eine breite öffentliche Vernehmlassung, bei der tausende Entwürfe verschickt wurden und sich jedermann äussern konnte, z. B. auch Schulklassen, die den Entwurf im Politik-, Staatskunde- oder Geschichtsunterricht durchnahmen und ihre Wünsche und Bemerkungen anbringen wollten. Es wurde auch immer klar gemacht, was die Vorlage sein sollte und was nicht. Schliesslich wurde der Revisionsentwurf auch allen Stimmberechtigten verschickt, so dass sie ihn lesen konnten. Am Ende hat man dann vielleicht ohne grosse Begeisterung, aber mit Einsicht in die Sache zugestimmt.

Wenn man natürlich hört, dass in Irland führende Politiker öffentlich gesagt haben, sie hätten den Vertrag auch nicht gelesen, oder aber, wenn man geistig krank werden wolle, dann müsse man ihn lesen, dann ist es natürlich nicht erstaunlich, dass viele einfache Bürger abgelehnt haben. Mir will, ohne die Situation in Irland profund zu kennen, scheinen, dass man dort eine sehr unglückliche Vorstellung des Abstimmungsgegenstandes gewählt hat.
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Florian das Original
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 14. Juni 2008 - 12:58 Uhr:   

Die EU hat eben einen grundsätzlichen Webfehler:

Es gibt keine klare Zielbestimmung, was sie nun eigentlich sein soll:
Ein Bundesstaat oder ein Staatenbund.

Über die Zielbestimmung gehen die Meinungen weit auseinander. Und es ist nicht absehbar, dass es jemals anders sein wird.
Gegen den Willen z.B. Englands wird es aber nie einen "echten" Bundesstaat geben. Gegen den Willen z.B. Deutschlands wird man nie zu einem lockeren Staatenbund zurückkehren.

Letztlich wird ein halbwegs pragmatischer Mittelweg gewählt.

Dies ist aber oft problematisch.
Im vorliegenden Fall kann der Vertrag nur in Kraft treten, wenn ALLE Mitgliedstaaten zustimmen.
Das ist eine unheimlich hohe Zustimmungshürde.
Ich bin ja ein großer Fan der direkten Demokratie. Aber selbst mir graut es vor der Vorstellung, dass man für irgendein Vorhaben eine Mehrheit in jedem einzelnen Mitgliedsland braucht.
Das wäre ja so, als ob eine Volksabstimmung in der Schweiz nur dann durchginge, wenn es in jedem Kanton eine Mehrheit gäbe.
In der Schweiz ist das daher auch nicht so. Da gibt es nur die Hürden "Volksmehr" (=Mehrheit der Bundes-Bürger) und "Ständemehr" (=Mehrheit der Kantone).
Ein solcher Modus wäre m.E. auch für die EU als Hürde für die Einführung einer Verfassung praktikabel.

Nur scheitert das daran, dass die EU-Mitglieder (anders als die Schweizer Kantone) souveräne Staaten sind.
Und wenn in (sagen wir mal) Spanien eine klare Mehrheit gegen eine Vorlage stimmt, dann kann es eben nicht sein, dass Spanien dann von außen ein Gesetz oder gar eine Verfassung übergestülpt wird.
Der "Souverän" ist hier eben das spanische Volk und nicht das europäische Volk.

Aus dieser Gemengelage ergibt sich, dass es wahnsinnig schwer ist, die EU insititutionell voran zu bringen.

Erschwert wird das ganze aber sicher auch durch die Arroganz der EU-Büroratie und der nationalen Regierungen, die ihren Bürgern das Projekt Europa eben auch nie richtig erklärt haben - geschweige denn eine offene Diskussion über die Ziele zugelassen hätten.
Wenn man P.Wächlis obige Beschreibung der Schweiz-internen Debatte liest, dann muss man als EU-Bürger doch neidisch werden.


Letzter Punkt:
Es ist einfach schäbig, den ablehnenden Iren vorzuwerfen, sie hätten den Vertrag einfach nicht verstanden.
Erstens einmal ist es das gute Recht eines Wählers, eine Vorlage abzulehnen, die er nicht versteht. (Es wäre vielmehr die Pflicht des Antragstellers, seine Vorlage verständlich zu formulieren. Ich würde mir auch wünschen, dass ein Abgeordneter ein nicht verständliches Gesetz aus Prinzip ablehnt und nicht einfach unverstanden durchwinkt).
Und außerdem wage ich zu bezweifeln, dass die zustimmende Seite den Vertrag unbedingt so viel besser verstanden hat.
(Robert Z. hatte in diesem Thread am 1.6.2005 ein wirklich geniales Interview verlinkt, dass leider nicht mehr online verfügbar ist. Dort wurden BT-Abgeordnete direkt nach der Abstimmung banalste Fragen zum EU-Vertrag gestellt. Etwa "Sind im Vertrag auf EU-Ebene Volksabstimmungen vorgesehen?", "Ist eine gemeinsame Außenpolitik Vertragsbestandteil?" etc. Die Unkenntnis der Abgeordneten war erschütternd).
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Mitdenker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 14. Juni 2008 - 13:09 Uhr:   

Florian,

zu dem Thema der Souverintät der schweizer Kantone hat Philipp Wälchli doch schon etwas in diesem Forum geschrieben. Ich meine mich zu entsinnen, dass sie ruht, wenn die Kantone dem Bund Rechte übertragen.

Was meinst Du mit spanisches Volk?
Spanien, Frankreich und das Vereinigte Königreich sind Vielvölkerstaaten.
Das spanische Volk lebt, im wesentlichen, in Kastilien und Madrid.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 14. Juni 2008 - 15:54 Uhr:   

"Letzter Punkt:
Es ist einfach schäbig, den ablehnenden Iren vorzuwerfen, sie hätten den Vertrag einfach nicht verstanden."
Davon auszugehen, sie hätten ihn verstanden, ist wohl mehr als unrealistisch. Und zu glauben, es wäre möglich, eine so komplexe Materie massenwirksam zu vermitteln, der ist schlicht naiv. 95% der Deutschen (und wohl auch viele MdBs) wären nichtmal in der Lage, die Mitgliedsstaaten aufzuzählen. Damit ist über die inhaltliche Qualität des Vertrags aber nichts gesagt, weder positiv noch negativ.

An der EU gibt es sicher vieles zu kritisieren, aber dieses ständige Gerede, die EU werde nicht richtig erklärt, geht mir auf den Geist. Die meisten Bürger kapieren ja selbst das politische System ihres eigenen Landes nur rudimentär. Wieso sollen sie dann über die EU so toll informiert sein? Im Übrigen sah der EU-Verfassungsvertrag KEINE EU-weiten Volksabstimmungen vor (die wären auch grob systemwidrig), sondern nur Bürgerbegehren, so korrekt sollte man schon sein.


Die Probleme der EU sind vor allem drei:

1) Entscheidungen sind kaum reversibel. Wenn irgendein Unsinn beschlossen wurde, ist das praktisch kaum rückgängig zu machen.
2) Wie jede Institution, hat auch die EU-Bürokratie die Tendenz, durch immer
neue Regulierung ihre Existenzberechtigung zu beweisen. Anfangs hatte die EU eine eher liberalisierende Wirkung bei der Durchsetzung des Binnenmarktes. Inzwischen versucht man die Existenzberechtigung vor allem durch neue Regulierung unter Beweis zu stellen, wie z.B. bei "Antidiskriminierung" oder der Chemikalienrichtlinie. Das ist vor allem deshalb ein Problem weil
3) die Aufgaben von EU und Mitgliedsstaaten nicht klar genug abgegrenzt sind. Eine 100% klare Abgrenzung ist unrealistisch. Aber es sollte zumindest einen (nicht abschließenden)Katalog geben, was die EU alles nicht darf, um Wildwuchs zu verhindern und Befugnisse auf ein vernünftiges Maß zu beschneiden. Andererseits sollte das, was die EU innerhalb ihrer Kompetenz beschließt, dann auch unmittelbar geltendes Recht in den Mitgliedsstaaten sein.

Die Schuld an Mißständen liegt aber natürlich auch bei den nationalen Regierungen, denn ohne die läuft gar nichts und die bremsen einerseits Sinnvolles aus und versuchen andererseits anderen Staaten ihre Vorstellungen via EU aufzuzwingen, z.B. bei Steuern.

Hier wäre der Vertrag von Nizza weder eine wesentliche Verbesserung noch eine Verschlechterung gewesen. ES gibt sowohl Veränderungen in die richtige als auch in die falsche Richtung. Richtig ist sicher die doppelte Mehrheit (die hätte man auch schon in Nizza haben können, wenn die Franzosen damals nicht blockiert hätten), die grundsätzliche Beteiligung des EP, falsch dagegen die teilweise Ausweitung der EU-Kompetenzen, allerdings in eher weniger wichtigen Bereichen.


"Das wäre ja so, als ob eine Volksabstimmung in der Schweiz nur dann durchginge, wenn es in jedem Kanton eine Mehrheit gäbe.
In der Schweiz ist das daher auch nicht so. Da gibt es nur die Hürden "Volksmehr" (=Mehrheit der Bundes-Bürger) und "Ständemehr" (=Mehrheit der Kantone)."
Das Ständemehr ist in der Schweiz nur bei Volksinitiativen erforderlich, nicht beim Referendum. Für die viel heterogenere EU wäre das sicher nicht praktikabel.
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Florian das Original
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 14. Juni 2008 - 16:13 Uhr:   

Midenker:
"Was meinst Du mit spanisches Volk? "

Ich habe Spanien nur als ein Beispiel genommen. Genauso hätte ich Italien oder sonst ein Land nehmen können.
Was ich mit "spanisches Volk" meine, sollte wohl klar sein. Denn natürlich gibt es ein spanisches Volk als juristischen Begriff.
(Siehe z.B. Art. 1 der spanischen Verfassung: "Das spanische Volk, von dem alle Staatsgewalt ausgeht, ist
Träger der nationalen Souveränität.")
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Philipp Waelchli
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 14. Juni 2008 - 17:06 Uhr:   

Die verfassungsrechtliche Theorie der Schweiz besagt, dass die Souveränität der Kantone nur soweit beschränkt sei, soweit diese dem Bund übertragen ist. Es handelt sich um das Konzept der "geteilten Souveränität" - das aber im Prinzip dem Konzept der Souveränität widerspricht. In Aussensicht wird denn auch in aller Regel die Schweiz als ganze, also der Bund, als souveräner Staat wahrgenommen. Der zumindest verfassungsrechtlichen Theorie nach würde also die Souveränität der Kantone wieder aufleben, wenn der Bund aus irgend einem Grund ausfiele. Das ist aber nun wirklich Theorie.
Interessant dabei ist nun, dass die heutige Lage durch eine besondere Konstellation zustande gekommen ist. Als 1847 ein Streit in der damaligen Tagsatzung über die Anwendung des Mehrheitsprinzips ausbrach, kam es zu einem kurzen Bürgerkrieg, auch als Sonderbundskrieg bekannt. Die obsiegenden Kantone setzten in der Folge das Mehrheitsprinzip durch, nachdem der alte Bundesvertrag noch verschiedene Mehrheitserfordernisse bis hin zur Einstimmigkeit vorgesehen hatte. Die erste Bundesverfassung wurde anschliessend den Kantonen zur Abstimmung unterbreitet mit der Vorgabe, dass in jedem Kanton eine Volksabstimmung durchzuführen sei und dass nicht abgegebene oder ungültige Stimmen als Zustimmung zu werten seien. Schliesslich ergab sich ein Mehr der Kantone für die Bundesverfassung, worauf diese in Kraft gesetzt wurde. Mindestens teilweise trägt dieser Vorgang also die Merkmale des Revolutionären an sich. (Man vergleiche dazu den Modus der Abstimmung über das deutsche Grundgesetz.)

In der heute geltenden Verfassung ist die Mehrheit so geregelt, dass eine Mehrheit des Volkes und der Kantone bei obligatorischen Abstimmungen, d. h. Verfassungsänderungen und einige diesen gleichkommenden Materien wie bestimmte Verträge, annehmen muss, in den übrigen, im wesentlichen auf Gesetze und diesen gleichkommende Verträge beschränkten Bereichen ist nur die Mehrheit des Volkes erforderlich. Im Grund kann man also sagen, dass die Kantone immer dann eine Rolle spielen, wenn es um verfassungsrechtliche Fragen geht, wobei deren Souveränität in Form des Ständemehrs ins Spiel kommt, in jenen Fragen, die verfassungsrechtlich dem Bund übertragen sind, diese hingegen keine Rolle spielt.

Inwiefern sich aus der Geschichte der Schweiz Lehren für die EU ableiten lassen, bleibe im übrigen dahingestellt. Grosse Bundesstaaten gibt es ja noch einige: USA, Kanada, Mexiko, Australien, Malaysia, Indien oder Russland. Deutschland und Österreich kennt ja hier wohl jeder, wobei in Österreich die Verschränkung von Bundes- und Landesebene verfassungsrechtlich meines Erachtens weit stärker fortgeschritten ist als z. B. in Deutschland.
Dann gibt es auch noch Sonderfälle, die sich einer klaren Klassifizierung wohl entziehen, wie das United Kingdom bestehend aus England, Wales, Schottland, Nordirland und weiteren Gebieten wie z. B. Man, den Kanalinseln, Gibraltar etc., die zwar teilweise traditionell zentralistisch regiert werden, aber trotzdem eine gewisse Eigenstaatlichkeit bewahrt haben, oder die Vereinigten Arabischen Emirate. Man kann sich darunter gewiss viele "passende" Beispiele für die EU aussuchen. In ihrer Urgestalt hat sie vermutlich am ehesten dem Modell der VAE geglichen.

Die Frage, die sich der EU heute stellt, ist doch wohl im Kern jene, wie sie die heutige Situation in eine bessere Richtung überwinden kann, ohne an den Nachteilen der jetzigen Situation zu scheitern. Da gibt es grundsätzlich verschiedene Lösungen: Auflösung der EU, Inkraftsetzung eines neuen EU-Grundlagenvertrages mittels "revolutionärer" Formen (was immer das konkret heisst), Auflösung und Neugründung einer neuen Gemeinschaft, Schaffung einer EU-Verfassung, die nach eigenem Recht in Kraft gesetzt wird (z. B. nach Volksabstimmung in 2/3 der Länder) usw. Jeder Weg hat seine besonderen Gefahren und Nachteile. Aber im Grunde bleibt es bei der Münchhausen-Problematik: Wie zieht man sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf?

Ob es eine gute und vor allem praktikable Idee ist, euorpaweite Volksasbtimmungen einzuführen, weiss ich nicht. Denn die politischen Traditionen sind in den verschiedenen Ländern immer noch sehr verschieden. Ich halte es auch für problematisch, Volksabstimmungen ad hoc durchzuführen. Wenn in einem Land eine Abstimmung alle paar Schaltjahre stattfindet, dann spielen IMMER besondere Faktoren eine Rolle, weil es eben jedes Mal eine Besonderheit ist. Gerade in Ländern, die noch nie Volksabstimmungen kannten, ist die Gefahr des "Denkzettels" und anderer an sich sachfremder Verhaltensweisen sehr gross. Daher war ich immer der Meinung, Länder ohne direktdemokratische Tradition sollten Volksabstimmungen allmählich von unten nach oben einführen und sie zu einem Routine-Instrument aufbauen, statt in einzelnen Ausnahmesituationen darauf zu rekurrieren. Ausserdem ist auch der Grad der gesellschaftlichen Politisierung in den verschiedenen Ländern unterschiedlich. Wenn zwei Schweizer auf der Strasse aufeinandertreffen, sprechen sich schnell mal über Politik, sogar wenn sie sich nicht kennen. In manchen Ländern gilt es hingegen geradezu als unhöflich, über Politik zu sprechen bzw. dort nur in bestimmten Situationen. All das unter einen EU-Teppich zu kehren, scheint mir gewagt.
Aber gerade deswegen (und nicht etwa trotzdem) scheint mir, dass solche Äusserungen wie von gewissen irischen Spitzen-Politikern berichtet reichlich bedenklich. Solche Sprüche äussert man nicht, wenn man eine Abstimmung gewinnen will. Auch nicht in der Schweiz - hier schon ganz bestimmt nicht, denn das würde als Arroganz aufgefasst. Arroganz scheint mir denn auch ein wirklich wesentliches Problem zu sein. Arroganz hatte 1992 auch einen wesentlichen Einfluss auf das Nein der Schweiz zum EWR. Wenn sich Parlamentarier öffentlich äussern, dass man den und den Vertrag unbedingt annehmen müsse, und danach keine zwei Fragen zu diesem Vertrag beantworten können, ist das nicht bloss bedenklich, sondern Zeichen von Arroganz und Ignoranz. Wenn man sagt, die EU müsse bürgernäher und bürgerfreundlicher werden, es aber unterlässt, sich mit den Bürgern auch wirklich zu befassen, ihnen die geplanten Schritte zu erklären und zu begründen, ja, in gewisser Weise: um sie zu werben, dann braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn man Schiffbrüche erleidet.
Es mag nun sein, dass die EU an sich kaum Kontakt zum einzelnen Menschen hat, weil dieser ja über die Mitgliedstaaten erreicht wird, so entschuldigt dies gleichwohl nur teilweise, denn es ist ja offensichtlich, dass die EU gleichwohl einen erheblichen Einfluss hat, der dann eben mangels direkten Kontakts sehr leicht als Fremdbestimmung und Fernsteuerung wahrgenommen wird. Hinzu kommt dann auch die unheilvolle Haltung nationaler Politiker, bei unpopoulären Massnahmen die EU vorzuschieben statt selbst afür einzustehen. Damit macht man die EU zum Prügelknaben, den man dann wundersamerweise als Nothelfer bei der nächsten Ratifikationsdebatte verkaufen will. Daher wären gerade auch nationale Politiker gut beraten, ihren Bürgern in Angelegenheiten der EU anders zu begegnen und sie anders zu informieren.
Eine gute Information ist dabei das absolute Minimum, das man erwarten darf und fordern muss. In der Schweiz ist die Abstimmungsbotschaft schon so "populär", dass man das (auch so benannte) "Bundesbüchlein" in manchen Fällen sogar als Massstab von Tests verwendet hat: Kann jemand einen Text daraus verstehen, kann er auf derselben Stilhöhe schreiben? Kennt er die darin verwendeten staatsrechtlichen Grundbegriffe? U. dgl. mehr. Gleiches lässt sich von andern staatlichen Publikationen wohl kaum verlangen, aber dennoch dürfte es jedenfalls anzustreben sein, dass ein Amtsblatt eine für viele Bürger interessante, aufschlussreiche und vor allem verständliche Lektüre bilde. Denn nur auf solche Weise kann ein Staat und jegliches andere staatliche oder staatsähnliche Gebilde seine Bürger wirklich erreichen.
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Mitdenker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 20. Juni 2008 - 15:50 Uhr:   

EU Reformvertrag zum Durchlesen

Amtsblatt der Europäischen Union
http://eur-lex.europa.eu/JOHtml.do?uri=OJ:C:2008:115:SOM:DE:HTML
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Philipp Waelchli
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 20. Juni 2008 - 23:21 Uhr:   

Ein paar Bemerkungen zu den konsolidierten Fassungen der EU-Verträge:

Auf den ersten Blick mag das alles sehr verwirrend erscheinen. Vergleicht man aber den heutigen Wirrwarr der Verträge, Protokolle, Erklärungen usw., so ist die Neufassung überaus übersichtlich.
Von den 7 Teilen im EU-Amtsblatt sind der erste und der letzte Inhaltsverzeichnis und Vergleichstabelle zwischen alten und neuen Verträgen.
Kern des ganzen Werkes ist der neue EU-Vertrag, der mit seinen 55 Artikeln kurz und übersichtlich ist. Im Grunde stellt dieser Vertrag die "Verfassung" der EU dar.
Der zweite Vertrag über die Arbeitsweisen ist vermutlich für viele einfache Bürger bereits völlig uninteressant. Er enthält Bestimmungen, die in innerstaatlichem Recht wohl Verfassungsrang bekämen, und solche, die in innerstaatlichem Recht Gesetzesrang hätten. Diese Verquickung ist naturgemäss dadurch bedingt, dass die EU eben kein Staat ist und dass die Mitgliedsländer vieles absichern möchten, was eben gerade die Anwendung und Arbeitsweisen angeht. Das ist aber eben nur durch Vertrag möglich.
Noch mehr gilt dies für die übrigen Teile, die Protokolle und Erklärungen: Diese umfassen Bestimmungen, die in innerstaatlichem Recht der Gesetzgebung oder sogar noch tieferen Stufen der Erlassformen angehörten, ausserdem Übergangsbestimmungen usw. Die Verfahrensordnungen des Gerichtshofes oder der EZB dürften die meisten Menschen wohl ebensowenig interessieren wie vergleichbare Vorschriften ihres jeweiligen Landesrechts. Falls jemand doch einmal vor Gericht geht, wird er ohnehin die Kenntnis des Verfahrensrechts quasi durch einen Anwalt "einkaufen" statt sich selbst damit zu befassen. "Erklärungen" sind schliesslich ein typisches Nebenprodukt internationaler Verträge, ihre Rechtswirkung ist teilweise auch zweifelhaft.
Man kann also zweierlei daran erkennen: Einerseits spiegelt der verbleibende Wirrwarr an "Zugemüse" eben die Tatsache, dass die EU kein Staat ist und auf vertraglicher Grundlage beruht, anderseits zeigt sich in den vielen Nebenerlassen auch die Problematik nationaler Interessen, die zu einem Wust von "Absicherungen" führt.
Das Kernstück, der eigentliche EU-Vertrag, kann wohl kaum als unverständliches krudes Machwerk abgetan werden.

Viel Verwirrung ist in der Vergangenheit auch durch das Nebeneinander von Reformvertrag und konsolidierten Fassungen entstanden. Aber im Grunde ist das alles im Landesrecht nicht viel anders: Es gibt einen Reformvertrag, der sagt, wie die bestehenden Verträge künftig aussehen sollen, dieser wird beschlossen und ratifiziert. Daraus werden dann die gültigen Fassungen der Verträge usw. erstellt.
Das läuft in der nationalen Gesetzgebung nicht viel anders: So gibt es in Deutschland z. B. Gesetze, deren Titel lauten "x-tes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes". Darin steht dann, dass der und der Artikel des Grundgesetzes folgenden Wortlaut erhalten solle, der und der den und den usw. Dazu kommen evl. Übergangsbestimmungen oder Bestimmungen über das Inkrafttreten plus einige Floskeln, die das Gesetz einleiten und abschliessen, worin z. B. steht, dass Bundestag und Bundesrat mit der und der Mehrheit beschlossen hätten u. dgl.
Zu Gesicht bekommen die meisten Deutschen solche Gesetze aber nie, sondern sie sehen dann später nur die geänderte Fassung des Grundgesetzes, in der die betreffenden Artikel im neuen Wortlaut abgedruckt sind und vielleicht Fussnoten angeben, wann diese geändert wurden. Dies ist dann die konsolidierte Fassung. Dieses Nebeneinander stört landesrechtlich wohl kaum jemand, daher ist es erstaunlich, dass es in Sachen EU für Verwirrung, Kritik und teilweise Polemik gesorgt hat. Vielleicht wurde auch da nicht auf geeignete Kommunikation geachtet?
In der Schweiz ist dieser Vorgang übrigens modellhaft in den drei amtlichen Publikationsreihen gespiegelt:
Zunächst werden Gesetzesanträge u. dgl. im Bundesblatt publiziert. Dort kann sich im Grunde jedermann die Informationen holen, die auch die Parlamentarier erhalten, nämlich auch die Begleitberichte usw. Anschliessend werden die vom Parlament beschlossenen Gesetze als Referendumsvorlage in der "Rohfassung" nochmals im Bundesblatt publiziert.
Die rechtskräftig werdenden Gesetze wandern anschliessend in die Amtliche Sammlung der Bundesgesetzgebung, in der chronologisch die Rohfassungen aller Erlasse publiziert werden.
Schliesslich wandern sie weiter in die Systematische Sammlung des Bundesrechts - diese besteht nur aus den nachgeführten, gültigen Texten der Erlasse, also aus den konsolidierten Fassungen.
Die beiden ersten Sammlungen sie fast nur für Fachleute von Interesse, z. B. der Rechtshistoriker, aber u. U. auch der Richter muss das Bundesblatt konsultieren. Der gewöhnliche Bürger kauft sich wenn schon eine konsolidierte Fassung aus der Systematischen Sammlung.

Soviel mal zu den Formalia des ganzen Vertragswerkes - das ja möglicherweise schon wieder Makulatur ist.
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Richard Seyfried
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 21. Juni 2008 - 14:22 Uhr:   

@Philipp Waelchli

Du schreibst:
"Gerade in Ländern, die noch nie Volksabstimmungen kannten, ist die Gefahr des "Denkzettels" und anderer an sich sachfremder Verhaltensweisen sehr gross."

So wie die Volksabstimmungen bisher aufgebaut waren, gebe ich dir absolut recht, weil es immer auf JA oder NEIN hinauslief.
Genau in dieser Formulierung liegt meines Erachtens ein großer Fehler. Entscheidungen auf europäischer Ebene müssen nach irgendeinem Verfahren getroffen werden - das ist zwingend, weil es ja Dinge wie ein ziemlich großes Budget, einen Binnenmarkt u.a. bereits gibt. Die eigentliche Entscheidung lautete für die Bürger also: Welches Regelwerk halte ich für besser?
A) Den Vertrag von Nizza (der jetzt gilt) oder
B) Den neuen Vertragsentwurf.

Sobald das Ganze so formuliert ist, kann es eigentlich keine "Denkzettelwahl" mehr geben. Aus ja oder nein wird entweder-oder was vielmehr eine reale Mitbestimmung symbolisiert.

Dann wäre es auch möglich, den Vertrag von Nizza gar nicht mehr zur Auswahl zu stellen, sondern beispielsweise zwischen dem aktuellen von Deutschland und Luxemburg forcierten Entwurf der Mehrheitsbildung (Doppelte Mehrheit im Rat) und etwa einem polnischen Vorschlag abzustimmen, der sich stärker an einem Quadratwurzelmodell orientiert.
Ein solches Verfahren würde wohl bei den Bürgern vieler Länder in der Größe von Irland bis Polen auf große Zustimmung stoßen.

Das größte Problem einer europaweiten Volksabstimmung sehe ich dann bei der Festlegung der genauen Abstimmungsregeln: Was gilt etwa, wenn die Mehrheit der Bevölkerungen (Staaten) bei einer Volksabstimmung anders entscheidet als die Mehrheit der Wähler? Da einen guten Entwurf zu verabschieden ist knifflig, sollte aber nach einer inzwischen 8 Jahre (unbefriedigendes Ergebnis von Nizza) dauernden Hängepartie endlich ernsthaft angegangen werden.

Deinem Wunsch
"Länder ohne direktdemokratische Tradition sollten Volksabstimmungen allmählich von unten nach oben einführen und sie zu einem Routine-Instrument aufbauen, statt in einzelnen Ausnahmesituationen darauf zu rekurrieren"
stimme ich prinzipiell zu, sehe aber etwa in Ländern wie Deutschland leider absolut keinen politischen Willen, das umzusetzen. Daher glaube ich, dass der Anfang tatsächlich nur auf EU-Ebene erfolgen kann, weil dort der Druck zu einer stärkeren Bürgerbeteiligung am größten ist. Wenn 27 Staaten nach unterschiedlichen Verfahren mit oder oder Volksabstimmung ratifizieren, gehts auf Dauer nicht, ohne dass sich die, die nicht abstimmen dürfen, "gefrotzelt" fühlen.
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Philipp Waelchli
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 21. Juni 2008 - 17:43 Uhr:   

Die Formulierung der Abstimmungsfrage halte ich für ein Scheinproblem. Inhaltlich sind die Formulierungen "will ich die Veränderung" oder "will ich den status quo oder eine Veränderung" identisch, und jedem, der mal eine Grundschule besucht hat, müsste das eigentlich auch klar sein.
In der Logik kennt man die Prinzipien der äquivalenten Umformung schon lange, z. B. ist die Formel "nicht möglich, dass nicht" äquivalent mit "nötig". Man kennt das auch aus der Schleifenumwandlung in der Programmierung, etwa bei der Umwandlung einer Wenn-Dann-Schleife in eine Solange-Bis-Schleife. Das sind also keine wirklichen Probleme.
Abgesehen davon wird in einem Abstimmungskampf ja auch viel über die Sache geredet, und man weiss im allgemeinen schon, welche Argumente jeweils für ein Ja bzw. ein Nein genannt werden. Im konkreten Fall war das Problem ja wohl kaum die Abstimmungsfrage, sondern die schlecht geführte bzw. nicht vorhandene Pro-Kampagne.
(Nebenbei gesagt kommt leicht auch der Verdacht auf, dass sich die irischen Politiker nicht einfach so zu teils haarsträubenden Aussprüchen hinreissen liessen, sondern dass ihnen das Nein ganz gelegen kommt: Jetzt können sie sich hinter dem Volk verstecken statt selbst vor ihren EU-Kollegen ihre Ablehnung darlegen zu müssen.)
Das Problem einer "Denkzettel"-Abstimmung liegt auf einer andern Ebene, z. B. bei einer generellen Einstellung gegenüber dem Staat und seinen Institutionen, aber auch bspw. in Traditionen. In Frankreich sind z. B. Volksabstimmungen traditionell seit der napoleonischen Ära immer auch als Vertrauensvoten gegenüber dem Staatsoberhaupt aufgefasst worden. Da es auch heute noch der Staatspräsident ist, der eine Volksabstimmung anberaumt oder nicht, gilt diese Tradition auch weiterhin.
So etwas wird man leider nicht mal schnell durch ein paar Federstriche los, sondern bedarf einer Entwicklung. Diese kann kaum von der EU her ausgelöst werden.
Man muss beachten, dass die EU auf absehbare Zeit weiterhin ein Staatengebilde bleiben wird, das auf einem Vertrag beruht. Es gibt zwar Beispiele, dass Verfassungen auf andere Weise ratifiziert wurden, aber keine Beispiele für Verträge, die nicht durch die beteiligten Staaten ratifiziert wurden. Die US-Verfassung wurde z. B. durch die beitretenden Staaten ratifiziert, und zwar je einzeln. Das deutsche Grundgesetz wurde ebenfalls durch die Länderparlamente ratifiziert, wobei aber 2/3 genügten. Auch die erste Schweizer Bundesverfassung wurde durch die Kantone ratifiziert. Europaweite Volksentscheide könnte es also nur im Rahmen des untergeordneten Rechtes geben, aber nicht über die vertragliche Grundlage selbst. Wir bewegen uns hier auch nicht in einem freien Raum, sondern es gibt Völkerrecht über die Gültigkeit und Ratifizierung internationaler Verträge.
Natürlich wäre es für den Bürger attraktiv, nicht nur über fertige Lösungen abstimmen zu können, sondern zwischen Alternativen bzw. Varianten wählen zu können - etwas was man in der Schweiz als Gegenvorschlag und Variantenabstimmung bereits länger kennt.
Allerdings setzt dies voraus, dass es überhaupt Raum für Volksentscheide gibt und dass diese nicht als "Denkzettel" missbraucht werden. Beides scheint mir im Augenblick nicht gegeben.
Hinzu kommt, dass es noch um mehr und anderes geht als um die Frage einer Rechtsordnung, ob diese nun auf Vertrag oder Verfassung beruht: Letztlich steht die Frage im Hintergrund, welchen Charakter die EU haben soll. Die eine Meinung besagt, dass die EU ein Staatenbund sein und bleiben solle. Die andere Meinung besagt, dass die EU sich zu einem Bundesstaat entwickeln müsse. Das wird noch dadurch kompliziert, dass man zwar der Meinung sein kann, die EU müsse ein Staatenbund bleiben, zugleich aber glauben kann, sie sei bereits zu einem Bundes- oder "Super-"Staat geworden bzw. umgekehrt. Ich meine, dass die EU gegenwärtig weder ein reiner Staatenbund sei noch ein wirklicher Staat, sondern ein Konstrukt eigener Art. Aber wie immer dem auch sei:
Wenn man europaweite Abstimmungen fordert, setzt dies im Grund einen einheitlichen bzw. mindestens gemeinsamen Staat voraus. Das ist aber genau das, was die einen Gegner der jetzigen Reformen fürchten und bekämpfen. Auch eine Grundrechte-Charta hat ihren Platz im Grunde nur innerhalb eines Staates usw. Umgekehrt bedeutet ein gemeinsamer Staat auch gemeinsame Aussenpolitik, gemeinsame Verteidigung, volle Niederlassungsfreiheit, gemeinsame Staatsangehörigkeit, ein wirksames Ausgleichssystem wirtschaftlicher Gefälle usw. usf. Soweit ich sehe, lehnen das meiste davon selbst die vehementesten Befürworter der Entwicklung in bundesstaatliche Richtung entschieden ab.
Solange aber die EU in der weder-Fisch-noch-Vogel-Situation bleibt, kann auch ihr rechtliches und institutionelles Gerüst nur in einem Kompromiss zwischen staatsvertraglicher Kooperation und gemeinsamen, quasi-bundesstaatlichen Institutionen bestehen.
Solange die EU kein Bundesstaat ist, bedarf es daher der je einzelstaatlichen Ratifizierung. Wollte man aber nun vorschreiben, wie ein Staat zu ratifizieren habe, würde man sich in dessen innere Angelegenheiten einmischen. Daher sehe ich im Augenblick keinen Spielraum, die Staaten zu Volksentscheiden zu verpflichten. Es wäre allerhöchstens denkbar, dass die EU ihren Mitgliedern eine Volksabstimmung unverbindlich empfiehlt. Entscheidend bleibt aber nach wie vor das nationale Verfassungsrecht.
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Mitdenker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 22. Juni 2008 - 10:13 Uhr:   

Was momentan betrieben wird, nennt man Euphemismus.
Die Unterzeichnung ist klar anvisiert.
Es wird nur noch der Weg dahin gesucht.
Es ist ein Scheuklappendenken.
Oder anders gesagt: Der Zweck heiligt die Mittel.

P.S.: Die, von Gebühren finanzierte, Hetzjagd auf die Bevölkerung Irlands, ist nicht zu fassen.
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Mitdenker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 10. Februar 2009 - 10:04 Uhr:   

Beim Bundesverfassungsgericht beginnt heute der Prozess darüber, ob der das deutsche Zustimmungsgesetz zum Reformvertrag mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Kläger sind zum einen Peter Gauweiler und zum anderen die Linksfraktion des Bundestags.
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zigzag
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Veröffentlicht am Donnerstag, 01. Oktober 2009 - 21:20 Uhr:   

Irland, Referendum über den EU-Reformvertrag am Freitag den 09.10.2009

Am Freitag findet das zweite Referendum über den Lissabon-Vertrag in Irland statt.
2008 stimmten 53,4% mit Nein und 46,6% mit ja.

Die Wahllokale schließen um 23:00 Uhr MESZ.
Das Endergebnis wird für den frühen Samstag Nachmittag erwartet.

Allgemeine Infos und weitere Links zum Vertrag von Lissabon (Reformvertrag der EU):
http://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Lissabon
http://www.europa-digital.de/aktuell/dossier/reform/

Irland:
Mit Links und Umfragen:
http://en.wikipedia.org/wiki/Twenty-eighth_Amendment_of_the_Constitution_of_Ireland_Bill,_2009

en:
http://www.referendum.ie/referendum/current/index.asp?ballotid=79
http://www.rte.ie/news/features/lisbontreaty/index.html
http://www.irishtimes.com/indepth/lisbon2009/

http://electionsireland.org/
http://www.irishelection.com/
http://uselectionatlas.org/FORUM/index.php?PHPSESSID=eb0d23b966d44cd94cbc4349f65bb216&topic=90997.0
http://uselectionatlas.org/FORUM/index.php?PHPSESSID=741dc6a8c170c7d1bdd1d76711c3475b&topic=103087.0

de:
http://derstandard.at/?url=/?ressort=EU-Verfassung

(Beitrag nachträglich am 01., Oktober. 2009 von zigzag editiert)

(Beitrag nachträglich am 02., Oktober. 2009 von zigzag editiert)
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Robert Jasiek
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 02. Oktober 2009 - 06:23 Uhr:   

Der aktuelle Fahrplan sieht also wohl so aus:

1. Zweite Abstimmung in Irland.

2. Tschechisches Verfassungsgericht urteilt über erneute Klage oder erklärt sie ggf. für unzulässig.

3. Polnischer Staatspräsident unterzeichnet.

4. Tschechischer Präsident unterzeichnet.


Was soll man eigentlich von der wiederholten Abstimmung in Irland halten? Ist es demokratisch legitim, so oft abstimmen zu lassen, bis das von der Regierung gewünschte Ergebnis herauskommt? Ist es vielleicht nur deshalb legitim, weil diesmal die Umstände dank neuer Erklärungen oder Protokolle leicht anders als zuvor sind?

Die neue tschechische Verfassungsklage scheint inhaltlich auf schwachen Füßen zu stehen und rein taktisch motiviert zu sein. Das wird sogar zugegeben. Da fragt sich aber, wie lange beteiligten tschechischen Organe noch weitere Knüppel zwischen die Beine werfen können, um juristisch-formal den Prozess zu verzögern, bevor es nur noch auf die rein politische Seite ankommt. Gibt es die eigentlich noch oder hat der tschechische Präsident eine ähnlich implizite Pflicht, alles zu unterzeichnen, was rechtlich nicht beanstandet werden kann - so wie in Deutschland der Bundespräsident?

Welche politische versus rechtliche Macht hat der polnische Staatspräsident? Die Medien haben mir den Eindruck vermittelt, er habe mehr politischen Einfluss als der Bundespräsident. Ist das richtig?

Und wie geht es weiter, wenn die Iren Nein sagen? Ist dann ein Alles-oder-Nichts-Verträge-Werk in dritter Fassung nochmals denkbar oder wird man dann in der EU kleinere Brötchen backen?
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EU-Skeptiker
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 02. Oktober 2009 - 12:10 Uhr:   

Die britischen Konservativen haben angeblich den tschechischen Präsidenten aufgefordert, solange nicht zu unterschreiben, bis die britischen Unterhauswahlen gelaufen sind - damit sie noch die Chance haben, durch ein Referendum die Katastrophe von Lissabon zu verhindern, siehe:

http://www.freitag.de/politik/0940-grossbritannien-tschechien-eu-reform
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zigzag
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 03. Oktober 2009 - 11:37 Uhr:   

Laut ersten Teilergebnissen und Exit-Polls wird mit einem Ergebnis von 60-65% JA-Stimmen zu 35-40% NEIN-Stimmen gerechnet.
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zigzag
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 03. Oktober 2009 - 17:48 Uhr:   

Ergebnis:

Yes/Tá: 67.13%
No/Níl: 32.87%

Wahlbeteiligung: 59%

http://www.referendum.ie/referendum/current/index.asp?ballotid=79
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Robert Jasiek
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 04. Oktober 2009 - 06:30 Uhr:   

Die erste Abstimmung war v.A. als Ablehung der irischen Regierung gewertet worden. Die zweite wird nun v.A. als Befürwortung finanzieller Unterstützung Irlands durch die EU gewertet. Die deutlich unterschiedlichen Ja-Prozente unterstützen diese Theorie. Statt über Lissabon hätte man beide Male auch fragen können "Soll Irland in der EU bleiben?" und die Ergebnisse wäre wohl sehr ähnlich ausgefallen. Auch wenn das BVerfG-Urteil ein Zuviel an Demokratie in der EU ausgeschlossen hat, damit die EU kein Staat ist, solange nicht alle Völker die EU in einen Bundesstaat aufgehen lassen wollen, fragt sich doch, ob das Wiederholen der Abstimmung in Irland und die geringe Bedeutung des Inhalts des Lissabon-Vertrags beim Abstimmungsverhalten nicht ins andere Extrem eines Zuwenig an Demokratie gefallen sind. Der Vertrag ist zu umfangreich und komplex, als dass ein Volk sich wirklich gut über seinen Inhalt informieren wollte. Angesichts dieser Hintergründe sollten EU-Politiker das Abstimmungsergebnis nicht als ein Gewinn für die Demokratie deuten. Vielmehr hat sich einmal mehr gezeigt, dass Verfassungen, Grundlagenverträge wie auch Wahlgesetze so kurz und bündig wie irgend möglich sein sollten, damit sie sowohl von den Politikern als auch vom Volk gut verstanden werden. Das Monster Lissabon-Vertrag ist da keine Lösung, sondern bestenfalls ein kleiner Schritt hin zu mehr Verständlichkeit, denn die noch geltenden Verträge und Strukturen sind noch komplexer.
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zigzag
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 03. November 2009 - 16:20 Uhr:   

Laut ZDF "heute in Europa" hat laut Ticker-Meldungen Vaclav Klaus, nach eigenen Angaben, seine Unterschrift unter den Vertrag von Lissabon gemacht, nachdem das tschechische Verfassungsgericht den EU-Reformvertrag von Lissabon gebilligt hat.

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