Europawahlrecht 1999

[Europawahlrecht]

Wahlsystem der Europawahl in den EU-Mitgliedstaaten vom 22. bis 25. Mai 2014

Wahlsysteme in den EU-Mitgliedstaaten zur Europawahl 1999

Im Jahr 1999 wurden 626 Mitglieder des Europäischen Parlaments nach national unterschiedlichen Wahlsystemen in den Mitgliedsstaaten gewählt. Zu diesem im Jahr 1999 gewählten 5. Europäischen Parlament kamen am 1. Mai 2004 mit der EU-Osterweiterung 106 Abgeordnete aus zehn Ländern hinzu, welche aber nicht unmittelbar gewählt wurden. In diesen Ländern fand erstmals im Juni 2004 – mit der Wahl zum nächsten, dem 6. Europäischen Parlament – eine Europawahl statt.

Übersicht über das nationale Wahlrecht zur Europawahl 1999

Da die folgenden Angaben zu mehreren Ländern lediglich aus Sekundärquellen stammen, können sich Fehler eingeschlichen haben. In diesem Fall wären wir für einen entsprechenden Hinweis dankbar.

Staat Sitze Wahlalter
aktiv/
passiv
Wahlsystem Listenform Wahlkreise Sperrklausel Sitz-
zuteilungs-
verfahren
Wahl-
pflicht
Belgien 24 18/21 Verhältniswahl in Wahlkreisen offen 3 nein d’Hondt ja
Dänemark 14 18/18 reine Verhältniswahl offen 1 nein d’Hondt nein
Deutschland 99 18/18 Verhältniswahl mit Sperrklausel geschlossen 1 5 % landesweit Hare/
Niemeyer
nein
Estland 6 Ab 1. Mai 2004, vom nationalen Parlament bestimmt
Finnland 14 18/18 Verhältniswahl mit Sperrklausel offen 1 nein d’Hondt nein
Frankreich 78 18/23 Verhältniswahl mit Sperrklausel geschlossen 1 5 % landesweit d’Hondt nein
Griechenland 24 18/21 reine Verhältniswahl geschlossen 1 nein „Enishimeni Analogiki“ ja
Großbritannien 78 18/21 Verhältniswahl in Wahlkreisen (Nordirland: STV) geschlossen (Nordirland: listenlos) 12 nein d’Hondt nein
Irland 13 18/21 übertragbare Einzelstimmgebung (STV) listenlos 4 nein Droop-Quota nein
Italien 78 18/25 reine Verhältniswahl offen 5 (nation.
Verhältnis-
ausgleich)
nein Hare/
Niemeyer
nein
Lettland 9 Ab 1. Mai 2004, vom nationalen Parlament bestimmt
Litauen 13 Ab 1. Mai 2004, vom nationalen Parlament bestimmt
Luxemburg 6 18/21 reine Verhältniswahl frei 1 nein Hagenbach-
Bischoff (=d’Hondt)
ja
Malta 5 Ab 1. Mai 2004, vom nationalen Parlament bestimmt
Niederlande 27 18/18 reine Verhältniswahl offen 1 nein d’Hondt nein
Österreich 21 18/19 Verhältniswahl mit Sperrklausel offen 1 4 % landesweit d’Hondt nein
Polen 54 Ab 1. Mai 2004, vom nationalen Parlament bestimmt
Portugal 24 18/18 reine Verhältniswahl geschlossen 1 nein d’Hondt nein
Schweden 19 18/18 reine Verhältniswahl frei 1 4 % landesweit Sainte-Laguë
(modifiziert)
nein
Slowakei 14 Ab 1. Mai 2004, vom nationalen Parlament bestimmt
Slowenien 7 Ab 1. Mai 2004, vom nationalen Parlament bestimmt
Spanien 54 18/18 reine Verhältniswahl geschlossen 1 nein d’Hondt nein
Tschechien 24 Ab 1. Mai 2004, vom nationalen Parlament bestimmt
Ungarn 24 Ab 1. Mai 2004, vom nationalen Parlament bestimmt
Zypern 6 Ab 1. Mai 2004, vom nationalen Parlament bestimmt

Gemeinsame Grundsätze für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments

Das Europäische Parlament (EP) hat am 15. Juli 1998 mit 355 Ja-Stimmen, 146 Nein-Stimmen und 39 Enthaltungen einen Vorschlag für gemeinsame Grundsätze für die Wahl der Mitglieder des EP verabschiedet. Alle bisherigen Versuche, ein einheitliches Wahlverfahren für die Wahlen zum EP einzuführen, waren vor allem am Widerstand Großbritanniens gescheitert, welches das Verhältniswahlsystem bislang strikt abgelehnt hatte. Der vom Parlament gebilligte Entwurf des griechischen EVP-Abgeordneten Georgios Anastassopoulos sieht eine Wahl der EP-Abgeordneten in allgemeinen und unmittelbaren Wahlen nach dem Verhältniswahlsystem auf der Grundlage von Listen vor. Um die „Nähe“ zwischen Wählern und Gewählten zu fördern, sollen die Länder mit einer Bevölkerung von über 20 Millionen ab dem Jahr 2004 Wahlkreise einrichten. Regionalen Besonderheiten (z. B. Existenz von sprachlichen Minderheiten) soll durch Sonderbestimmungen Rechnung getragen werden können, die jedoch den Grundsatz der Verhältniswahl nicht in Frage stellen dürfen. Ferner soll es den Mitgliedstaaten (weiterhin) möglich sein, eine Hürde von maximal 5 % der Stimmen für den Einzug in das Parlament vorzusehen. Derzeit in einigen Mitgliedstaaten noch erlaubte Doppelmandate sollen abgeschafft, d. h. die Mitgliedschaft im EP unvereinbar mit der Ausübung eines nationalen Abgeordnetenmandats werden. Außerdem sollten die Wahlen nach Auffassung des Parlaments künftig eher im Mai als im Juni (mit Rücksicht auf die skandinavischen Länder, wo der Juni bereits ein Ferienmonat ist) und überall am selben Tag bzw. an maximal zwei Tagen (Samstag und Sonntag) stattfinden. Für Aufsehen hatte der – vom Parlament so nicht angenommene – Vorschlag gesorgt, ab den Wahlen im Jahr 2009 10 % der Gesamtzahl der Sitze im EP aufgrund länderübergreifender Listen zu vergeben. Der Entwurf sieht statt dessen vor, dass das Parlament mit Blick auf ein europäisches politisches Bewusstsein und die Herausbildung europäischer politischer Parteien einen Vorschlag prüfen wird, wonach ein bestimmter Anteil der Sitze nach dem Verhältniswahlsystem auf der Grundlage von Listen im Rahmen eines einzigen Wahlkreises – bestehend aus dem Gebiet der Mitgliedstaaten – vergeben wird. Für die Einführung eines einheitlichen Europawahl-Verfahrens innerhalb der EU ist ein einstimmiger Beschluss des Rates mit Zustimmung des EP sowie eine Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten erforderlich.


von Wilko Zicht (07.01.2000, letzte Aktualisierung: 02.09.2007, letzte Aktualisierung der Links: 16.06.2013)